Zum zweiten Mal ist heute Internationaler Tag der Patientensicherheit. Das Motto lautet in diesem Jahr Medikamentensicherheit. Gesundheitsversorger nutzen die Veranstaltung, um auf ihre Maßnahmen zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) hinzuweisen. Die Apotheker spielten dabei eine zentrale Rolle, teilen die Standesvertreter aus Deutschland und Österreich mit.
Der 2. Internationale Tag der Patientensicherheit am 17. September will unter dem Motto „Gemeinsam Medikationsfehler vermeiden“ mehr Bewusstsein für die Risiken bei der Anwendung von Medikamenten schaffen.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) ruft bundesweit Gesundheitsversorger zur Teilnahme am Aktionstag auf. „Gesundheitseinrichtungen sollen die Möglichkeit bekommen, bewährte Lösungswege vorzustellen und sich darüber auszutauschen“, sagt Hedwig François-Kettner, erste Vorsitzende des APS. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist Schirmherr des Tags, der eine Maßnahme des Aktionsplans AMTS (2016-2019) ist.
AMTS in der öffentlichen Apotheke bedeutet zunächst, dass Beratungsstandards bei der Abgabe bestimmter Arzneimittel eingehalten werden. Bei Patienten, die viele Arzneimittel einnehmen, bieten Apotheker eine Medikationsanalyse in der Regel mit einem sogenannten „Brown-Bag-Review“ an. Dafür bringt der Patient seine kompletten Medikamente in einer Tüte mit in die Apotheke.
Das Fortbildungskonzept „Apo-AMTS“ wird seit Oktober 2012 von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Universität Münster angeboten. Das Fortbildungskonzept „Athina“ wurde von der Apothekerkammer Nordrhein entwickelt und wird inzwischen auch in Baden-Württemberg, Bremen, Hessen und Niedersachsen eingesetzt. Etwa 2000 AMTS-Experten gibt es in den sechs Kammergebieten; im Durchschnitt arbeitet also einer in jeder zehnten Apotheke.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) setzt sich ebenfalls für mehr Patientensicherheit ein. Seit 2015 leitet die Kommission ein vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) gefördertes Projekt zur Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern.
Fehler können der AkdÄ zufolge bei jedem Schritt des Medikationsprozesses auftreten. Ärzte können unpassende Arzneimittel oder falsche Dosierungen verschreiben, in der Apotheke kann es etwa zu Fehlern bei der Abgabe kommen. Zudem können Pfleger oder Patienten die Medikamente falsch einnehmen oder anwenden. Daher müssen laut AkdÄ alle beteiligten Akteure einbezogen werden, um Medikationsfehler zu vermeiden.
Josef Hecken und Dr. Regina Klakow-Franck vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA): „Patientensicherheit und damit auch Medikationssicherheit sind für den G-BA zentrale Anliegen und Arbeitsfelder.“ Mit mehreren Beschlüssen unterstütze der Ausschuss die Arzneimittelsicherheit. Der G-BA nennt unter anderem die Aut-idem-Liste, Regelungen zum Entlassmanagement und Off-Label-Use von Medikamenten sowie den Innovationsausschuss, der in der aktuellen Ausschreibung AMTS-Projekte fördern will.
Medikationsfehler sind ein gesundheitsrelevantes Problem. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit etwa jede zehnte stationäre Aufnahme auf unerwünschte Arzneimittelereignisse zurückzuführen ist. In Deutschland sind etwa 5 Prozent aller Einweisungen in Krankenhäuser Folge inkorrekter Medikamenteneinnahme. Bei etwa 2 Prozent dieser Patienten verlaufen die unerwünschten Arzneimittelwirkungen sogar tödlich.
Besonders ältere Menschen, die mehrere Medikamente einnehmen müssen, sind gefährdet. Aufgrund des demografischen Wandels wird das Problem zukünftig immer mehr Menschen betreffen. „Auch das deutsche Gesundheitssystem ist davon betroffen, denn durch eine falsche Medikation können hohe Folgekosten entstehen“, so François-Kettner.
Auch die Österreichische Apothekerkammer nutzt den Aktionstag, um auf den Service der Apotheker hinzuweisen. „Die Apothekerinnen und Apotheker sind aufgrund des Studiums der Pharmazie und ihrer täglichen Praxis Experten für Arzneimittel“, sagt Kammerpräsident Max Wellan. Die Kammer warnt zudem vor illegalen Rx-Arzneimittelkäufen im Internet: Dabei handele es sich einer Studie zufolge zu 95 Prozent um Fälschungen.
Eine im Jahr 2015 vom Institut für Pharmaökonomische Forschung (IPF) erstellte Studie zeigt, dass der Arzneimittelverbrauch je Einwohner in Österreich vergleichsweise niedrig ist. Im Vergleich mit EU-Ländern und der Schweiz liegt der Verbrauch der Österreicherinnen und Österreicher mit 1098 Standard Units im Durchschnitt. „Standard Units“ meint die Dosis, die der Patient pro Einnahme zu sich nimmt, wie zum Beispiel eine Tablette, einen Messbecher oder 10 Tropfen. Spitzenreiter laut Studie sind Frankreich mit 1391, Großbritannien mit 1270 und Deutschland mit 1225 Standard Units pro Person.
Im Rahmen des Projekts Medikationsmanagement analysieren Apotheker die vollständige Medikation von Patienten. Etwa 1500 Apotheker haben bereits eine Ausbildung im Medikationsmanagement absolviert.
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