Die Mehrheit der Deutschen fühlt sich fit. Mehr als zwei Drittel schätzen ihren Gesundheitszustand aktuell als gut (39 Prozent), sehr gut (20 Prozent) oder ausgezeichnet (9 Prozent) ein. Allerdings kümmern sich nur 17 Prozent um Krankheitsvorbeugung und nehmen an Präventionskursen teil. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) im Auftrag der ABDA. Aus der anhaltend niedrigen Präventionsquote leitet ABDA-Präsident Friedemann Schmidt die politische Forderung ab, dass Apotheken gegen Honorierung stärker Präventionsleistungen anbieten sollten.
„Seit 2008 hat sich das Gesundheitsbewusstsein der Deutschen in der bundesweiten Betrachtung kaum verändert. Aber es gibt große regionale Unterschiede und Veränderungen: In Hamburg und Schleswig-Holstein trinken doppelt so viele Menschen täglich Alkohol wie in Thüringen. In Nordrhein-Westfalen wird am häufigsten und in Hessen am wenigsten geraucht. Die Brandenburger bewegen sich weniger, die Norddeutschen sind am sportlichsten“, sagte Schmidt anlässlich des Tages der Apotheke am 7. Juni.
Im Auftrag der ABDA hat Infas telefonisch 3415 Bundesbürger ab 16 Jahren befragt. Die Ergebnisse wurden mit einer weitgehend identischen Umfrage aus dem Jahr 2008 verglichen. Es gab nur geringe Veränderungen. Die wichtigsten Aspekte der Prävention sind für die Bundesbürger danach weitgehend unverändert geblieben: 87 Prozent aller Befragten gaben an, sich regelmäßig zu bewegen, 84 Prozent setzen auf gesunde Ernährung. Fast ebenso viele gaben an‚ wenig Alkohol (81 Prozent) zu trinken, Stress zu reduzieren (74 Prozent) und nicht zu rauchen (65 Prozent. Aber nur 17 Prozent gaben an, an Präventionskursen teilzunehmen.
Deutlicher zeigen sich regionale Unterschiede und Veränderungen: Nach wie vor raucht jeder vierte Bundesbürger (28 Prozent). Am meisten gequalmt wird in Nordrhein-Westfalen mit 33 Prozent. In Hessen waren die Anti-Raucher-Kampagnen am erfolgreichsten. Hier reduzierte sich der Anteil der Raucher von 31 Prozent im Jahr 2008 auf aktuell 22 Prozent. Gegenläufig ist hingegen der Trend in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Hier rauchen heute mit 33 zu 22 Prozent mehr Menschen als 2008.
Alkohol: Bundesweit gaben 10 Prozent der Befragten an, täglich oder fast täglich Alkohol zu trinken. In Schleswig-Holstein und Hamburg lag der Anteil mit 18 Prozent fast doppelt so hoch. In Thüringen trinken hingegen nur 8 Prozent täglich Alkohol.
Bewegung: Ein Viertel der Bundesbürger (26 Prozent) gibt an, täglich oder fast täglich mindestens eine halbe Stunde Sport zu treiben. Am meisten Bewegung haben die Hamburger und Schleswig-Holsteiner (31 Prozent). In Brandenburg sind es dagegen nur 19 Prozent. Hier räumt die ABDA allerdings ein, dass die Angaben der Befragten überzeichnet sein könnten, weil ein „sozial erwünschtes Antwortverhalten“ hinten den hohen Quoten vermutet werden kann.
Schmidt: „Insgesamt haben wir ein großes Gesundheitsbewusstsein in Deutschland. Aber wir verzeichnen keine dynamischen Verbesserungen. Ich glaube, wir könnten das ändern, wenn wir das Potenzial der Apotheken in der Vorsorge stärker nutzen würden. Sie sind flächendeckend vor Ort und haben jedes Jahr über eine Milliarde niedrigschwellige Patientenkontakte. Damit lässt sich gute Aufklärungsarbeit leisten.“ Die Umfrageergebnisse unterstrichen das.
Jeder vierte Bundesbürger wünscht sich demnach mehr Präventionsangebote von Apothekern. Besonders gefragt sind dabei Angebote zu Ernährung, Bewegung und zum richtigen Umgang mit Medikamenten. Drei von vier Befragten (74 Prozent), die sich mehr Vorsorgeangebote von Apotheken wünschen, sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Allerdings kommt es bei den meisten auf den Preis an. So gut wie alle (94 Prozent) wünschen sich eine Finanzierung der Vorsorgeangebote durch die Krankenkassen.
Schmidt: „Wir können mehr tun, wenn die Rahmenbedingungen für Präventionsleistungen der Apotheken besser werden. Erstens brauchen wir eine saubere Rechtsgrundlage für Dienstleistungsverträge zwischen Apotheken und Krankenkassen im SGB V. Zweitens gehören Apotheken als Leistungserbringer in den ‚Leitfaden Prävention‘ der Krankenkassen. Und drittens muss die Vergütung von Präventionsleistungen geregelt werden.“ Besonders geeignet seien die Apotheken mit über einer Milliarde Kundenkontakten im Jahr für die Bereiche individuelle Raucherentwöhnung, Ernährungsberatung und Prüfung und Kontrolle des Impfstatus. In jeder zehnten Apotheke arbeite ein qualifizierter Ernährungsberater. Für Raucherentwöhnung und Impfen sei jeder Apotheker mit seiner Ausbildung qualifiziert. Allerdings wurden die Apotheker im 2015 verabschiedeten Präventionsgesetz nicht berücksichtigt.
Schmidt schätzt das Vorsorgepotenzial der Apotheken auch deshalb hoch ein, weil die Umfrage hohe Vertrauens- und Zustimmungswerte in der Bevölkerung zeige: „Die Zufriedenheit mit dem Apothekensystem ist deutlich gestiegen. Im Jahr 2008 bewerteten 59 Prozent der Bundesbürger das Apothekensystem mit ‚gut‘ oder ‚sehr gut‘. Mittlerweile liegt dieser Wert bei 73 Prozent.“ Besonders ausgeprägt sei der Imagegewinn bei Menschen bis 29 Jahren. Hier steigerte sich die Zustimmung von 55 Prozent auf 79 Prozent.
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