Bis Ende Mai muss Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Entwurf zur Reform der GKV-Finanzen vorlegen, so steht es im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Doch selbst die Kassen glauben nicht, dass die Frist eingehalten wird – und haben ihn in einem Brandbrief zum Handeln aufgefordert.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat laut GKV-FinStG den gesetzlich festgeschriebenen Auftrag, bis Ende Mai Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorzulegen. Weil diesbezüglich noch nichts zu vernehmen ist, haben die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene einen gemeinsamen Brief an Lauterbach geschrieben und darin auf die „Dringlichkeit einer nachhaltigen Stabilisierung der Finanzlage der GKV“ hingewiesen.
„Es ist jetzt dringender denn je erforderlich, die gebotenen Reformmaßnahmen anzustoßen, mit deren Hilfe die GKV verlässliche und stabile Leitplanken erhält. Um dies zu erreichen, müssen sowohl die Einnahme- als auch die Ausgabenseite in den Blick genommen werden“, so die Kassenverbände. „Dazu gehört auch, dass die Krankenkassen wieder mehr Möglichkeiten zur Steuerung von Wirtschaftlichkeit und Qualität erhalten.“
Wie auch von anderen Stakeholdern gefordert, wird eine „sachgerechte Zuordnung der Finanzverantwortung zwischen Staat und selbstverwalteter Krankenversicherung“ gefordert: „Es führt zu einer Überlastung des Systems und der Beitragszahlenden, wenn gesamtgesellschaftliche Aufgaben, anstatt aus Steuermitteln, allein über Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung finanziert werden.“ Maßnahmen, die für 2023 getroffen wurden, um eine Finanzierungslücke von
17 Milliarden Euro zu schließen, stünden bis auf den regelhaften Zufluss aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds schon für 2024 nicht mehr zur Verfügung.
Ohne weitere politische Maßnahmen werde ein „nicht unerheblicher Beitragssatzdruck“ von mehreren Milliarden Euro entstehen. Der Bund müsse daher kostendeckende Beiträge für die Gesundheitsausgaben für Empfänger:innen von Bürgergeld zahlen, alleine hier drohe eine Lücke von etwa zehn Milliarden Euro. „Obwohl der Koalitionsvertrag einen Handlungsauftrag enthält, ist bislang insofern nichts unternommen worden.“
Weiter fordern die Kassen eine generelle Absenkung der Mehrwertsteuer auf den reduzierten Satz von 7 Prozent für Arznei- und Hilfsmittel. Dadurch ließen sich jährlich sechs bis sieben Milliarden Euro sparen, wovon 4,9 Milliarden Euro auf Ausgaben für erstattungsfähige Medikamente entfielen.
Im Koalitionsvertrag sei außerdem eine „regelhafte“ Dynamisierung des Bundeszuschusses versprochen worden. Beschränkungen der Vertragsgestaltung und Steuerungsinstrumente etwa bei der Krankenhausrechnungsprüfung oder der Gestaltung der Hilfsmittelversorgung müssten wieder aufgehoben werden.
Generell müsse das politische Handeln an den „Maximen der Qualitätsverbesserung und Bedarfsnotwendigkeit“ ausgerichtet werden, heißt es weiter mit Verweis auf die geplante Krankenhaus- oder Notfallversorgungsreform. „Patient:innen sollen transparente und laienverständliche Informationen über Versorgungsqualität erhalten können, zum Beispiel auch durch ihre Krankenkasse“
Schließlich müsse die elektronischen Patientenakte (ePa) schnell in der Fläche implementiert werden, was insbesondere deren verpflichtende Befüllung und standardmäßige Nutzung durch die Leistungserbringenden erfordere. Nur so ließen sich Synergien und Einsparpotenziale heben.
Unterzeichnet ist das Schreiben von AOK-Bundesverband, dem BKK Dachverband, dem Ersatzkassenverband vdek, dem IKK- Verband, der Knappschaft und dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (SVLFG).
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