Organspendeskandal

Strengere Auflagen für Transplantationen geplant dpa/APOTHEKE ADHOC, 28.08.2012 08:44 Uhr

Berlin - 

Schärfere Kontrollen und harte Strafen sollen Manipulationen bei der Vergabe von Spenderorganen in Deutschland verhindern. Das haben Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und Vertreter der zuständigen Verbände auf einem Spitzentreffen vereinbart. Heute will sich Bahr mit den Fraktionschefs im Bundestag beraten.

 

„Wir müssen Kontrolle und Aufsicht verbessern, und wir müssen Transparenz und Konsequenzen verbessern“, sagte Bahr. „Wir wollen mit den richtigen Konsequenzen das Vertrauen in die Organspende wieder stärken.“ Klinikdirektoren sollen demnach persönlich zur Rechenschaft gezogen werden können. Für die Kontrollen in den Transplantationszentren sei weiterhin die Prüfkommission unter dem Dach der Bundesärztekammer zuständig. Die Kommission soll aufgestockt werden und flächendeckend unangekündigte Stichproben machen. Die Prüfberichte werden in Zukunft veröffentlicht.

Angesichts bröckelnden Vertrauens vieler Menschen beim Thema Organspende hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Beteiligten zu glaubhaften Konsequenzen aufgefordert. Nötig seien Strukturen, die regelwidriges und kriminelles Verhalten soweit wie möglich ausschließen, sagte Steinmeier.

„Schon heute ist klar, dass sowohl die Vergütungsregeln als auch die beruflichen Anreizregeln für Chirurgen, die Zahl der Transplantationszentren, die Institutionen der Selbstkontrolle der Ärzte und die strafrechtlichen Rahmenbedingungen auf den Prüfstand gehören“, so der SPD-Politiker.

 

 

Landesbehörden sollen Bahr zufolge verstärkt bei Inspektionen in den Kliniken teilnehmen können. Bund und Länder sind künftig im Rat der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) vertreten. Durch die Verankerung eines Sechs-Augen-Prinzips soll sichergestellt werden, dass bei der Organvergabe auch Ärzte beteiligt sein, die mit Transplantationen nichts zu tun haben. Zudem wird eine Stelle zur anonymen Meldung von Auffälligkeiten eingerichtet. Ärzte, die viel transplantieren, sollen künftig nicht mehr mit Boni belohnt werden.

Die Regelungen gehen Kritikern jedoch nicht weit genug: Der Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, forderte eine Neuregelung des Transplantationsgesetzes. Bisherige Grauzonen müssten ein Ende haben. „Zeitpunkt und Inhalt des Gesprächs mit den Angehörigen sind gesetzlich festzulegen“, sagte Brysch. Patienten sollten erfahren, an welcher Stelle der Warteliste sie stehen. Brysch spricht sich außerdem für eine Reduzierung auf 25 Transplantationszentren aus – bislang gibt es 43.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Martina Bunge, forderte, die Entscheidung über Vergabe, Organisation und Verwaltung der Organspende der öffentlichen Kontrolle zu unterstellen. „Ob vier oder sechs Augen im intransparenten System der Organspende ausreichen, muss bezweifelt werden“, so Bunge.