Krankenhäuser

Streit um OP-Zertifikate

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Die Krankenkassen fordern für planbare Operationen, zum Beispiel an Knie oder Hüfte, einen Zertifikatehandel nach Vorbild der Energiewirtschaft. Damit sollen aus Sicht der Kassen überflüssige Eingriffe vermieden werden. Bei den Ärzten trifft der Vorschlag auf Protest.

„Wir prüfen derzeit die Idee, einen Handel mit Zertifikaten für Mehrleistungen bei planbaren Leistungen einzuführen“, sagte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstand des GKV-Spitzenverbands, dem Handelsblatt. Führt ein Krankenhaus mehr Leistungen durch als vereinbart, müssen demnach Zertifikate von anderen Kliniken eingekauft werden, die ihre Leistungsmenge nicht ausschöpfen.

Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, sagte der Zeitung, die Kosten für die Zertifikate würden die Rendite der Operationen senken. Krankenhäuser, die weniger operierten, könnten mit den Einnahmen Tarif- und Sachkostensteigerungen finanzieren. Das Konzept halte Kliniken davon ab, Patienten zu Operationen zu überreden. Der Zertifikatehandel soll zunächst bei Hüft- und Knieoperationen getestet werden. Die Zahl dieser Operationen sei in den vergangenen Jahren stark angestiegen.

 

 

Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), erklärte: „OP-Zertifikate sind eine perverse Idee.“ Ein Handel mit Zertifikaten würde Kliniken Geld einbringen, ohne etwas geleistet zu haben. Andere Kliniken müssten sich hingegen das Recht erkaufen, Patienten zu helfen. Die Zertifikate seien eine ethisch nicht mehr vertretbare Ökonomisierung des Gesundheitssystems, sagte Montgomery.

Der BÄK-Präsident warnte außerdem davor, die steigende Zahl der Hüft- und Knieoperationen als unnötig zu verurteilen. Die Kassen sollten „erst einmal gemeinsam mit und Ärzten sauber zu analysieren, ob tatsächlich in Deutschland zu viel operiert wird.“

Auch innerhalb der Krankenkassen ist der OP-Zertifikatehandel umstritten: Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, kritisiert den Vorschlag. „Ein Zertifikatehandel kommt der Schaffung eines neuen Bürokratiemonsters gleich und ändert an der Thematik unnötiger medizinischer Eingriffe überhaupt nichts“, sagte Hermann. Anleihen beim Schadstoffhandel seien völlig untauglich. Stattdessen sollten Krankenhäuser zu klaren Spielregeln verpflichtet und die Kassen in die Verantwortung einbezogen werden, so der Kassenchef.

 

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