Streit um Deckel für Ärztehonorare Benjamin Rohrer, 08.06.2011 12:22 Uhr
Eine Passage im von der Koalition angestrebten Versorgungsgesetz sorgt derzeit für einen heftigen Schlagabtausch zwischen Krankenkassen, Leistungserbringern und der Politik. Der Vizechef des GKV-Spitzenverbandes, Dr. Johann-Magnus von Stackelberg, nannte das Gesetz eine „Gelddruckmaschine“ für niedergelassene Mediziner: Durch einen „Gesetzestrick“ werde die bisherige Deckelung der Ärztehonorare aufgehoben - allein im Jahr 2013 käme es dadurch zu Mehrkosten von 2,4 Milliarden Euro.
Bislang erhalten niedergelassene Mediziner nur die volle Vergütung für ihre Leistungen, wenn diese im Rahmen des mit den Krankenkassen ausgehandelten Budgets liegen. Rechnen die Ärzte mehr Leistungen ab, werden diese nicht voll erstattet. Diese Deckelung soll in Zukunft anders gestaltet werden: Ab 2013 soll sich das Ärztehonorar an den abgerechneten Leistungen im Vorjahr orientieren („Ist-Leistungsmengen“). Zudem sollen die Kassen das Budget flexibler gestalten: Mit den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sollen regionalspezifische, an der Morbiditätsstruktur orientierte Budgets vereinbart werden.
Die Krankenkassen fürchten Mehrausgaben in Milliardenhöhe: Laut Stackelberg würden die Obergrenzen beim Ärztehonorar faktisch fallen - ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl. Das Gesetz sei für die Mediziner ein Anreiz mehr zu verschreiben, um im kommenden Jahr ein höheres Honorar zu erhalten.
Die Ärzte geben offen zu, dass sie eine Anpassung ihrer Gehälter aufgrund der demographischen Entwicklungen für nötig halten: „Um die Versorgung der Patienten auch in den nächsten jahren zu sichern, brauchen wir mehr Finanzmittel“, so der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Köhler. „Es kann nicht sein, dass milliardenschwere Überschüsse aus dem Gesundheitsfonds, die die Kassen stolz vermelden, nicht der Versorgung der Menschen zugute kommen.“
Aber auch da haben die Kassen andere Vorstellungen: Nicht benötigte Mittel sollen nicht mehr in der Fonds-Reserve geparkt, sondern für Beitragssenkungen genutzt werden.
Aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) haben die Kassen die Passage falsch interpretiert: „Die Beitragszahler brauchen sich keine Sorgen zu machen. Durch das geplante Versorgungsgesetz kommen keine Milliardenbelastungen auf die Krankenkassen zu. Entsprechende Behauptungen der Kassen sind schlicht falsch“, so ein Sprecher des BMG. Er bestätigte jedoch, dass die Ärztehonorare künftig nicht mehr auf Bundesebene, sondern in den einzelnen Ärztebezirken verhandelt werden sollen. „Dabei ist selbstverständlich, dass es bei einer Begrenzung der Vergütungsvolumens bleibt.“