Seit zwei Jahren ächzt das Land unter den strengen Corona-Maßnahmen, doch nach wie vor ist unklar, welche Instrumente wirklich nützlich waren und welche nicht. Dies soll ein Sachverständigenausschuss untersuchen, doch es gibt Streit – mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Im März 2021 hatte der Bundestag Lauterbachs Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) beauftragt, einen interdisziplinären Sachverständigenausschuss einzusetzen, der die Corona-Politik während der Pandemie untersuchen sollte. Nachdem ursprünglich eine Frist bis Ende 2021 gesetzt war, soll der Bericht laut aktuellem Stand zum 30. Juni vorliegen.
Laut einem Bericht der „Welt“ hat der Vorsitzende Professor Dr. Stefan Huster von der Ruhr-Universität Bochum nach einer Videokonferenz am vergangenen Freitag eine E-Mail an die beteiligten Wissenschaftler, Mediziner, Juriste und Beamten geschickt. Darin heißt es demnach: „Gerade sprachen wir in der Sitzung noch über die unbefriedigende Kommunikation mit unseren Auftraggebern, da kam eine Nachricht vom Gesundheitsminister.“ Lauterbach habe ihm mitgeteilt, dass es für die Evaluation „eine Verlängerung oder sogar eine neue Ausschreibunggeben werde“. Sein Schluss: „Für uns heißt das zunächst, dass wir jedenfalls bis Ende Juni keine Maßnahmenevaluation vorlegen müssen.“
Gegenüber der „Welt“ erklärte ein Sprecher Lauterbachs, dass man am gesetzlich vereinbarten Veröffentlichungstermin Ende September festhalten wolle. Die Information, dass die Evaluierung nicht bis zum Sommer fertig sein solle, sei daher „sachlich falsch“. Vielmehr hielten Mitglieder der Kommission die Datengrundlage für noch nicht ausreichend, um die Wirkung der Corona-Maßnahmen final zu bewerten. Man nehme diesen „Sachgrund“ ernst. Das weitere Vorgehen werde mit dem Bundestag abgestimmt.
Laut Bericht hatte der Virologe Professor Dr. Christian Drosten bei einer Videokonferenz im März davor gewarnt, die Maßnahmen jetzt einzeln zu evaluieren. Man habe zu wenig Daten, es sei zu früh für eine solche Arbeit, man könne in „Teufels Küche“ kommen, sagte er laut „Welt“ in einem etwa neunminütigen Vortrag.
Nicht nur einzelne Sachverständige empfinden laut Bericht Lauterbachs Einmischung als Affront und wollen den Bericht wie geplant vorlegen; im Beitrag kommen auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki und Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, als Kritiker zu Wort.
APOTHEKE ADHOC Debatte