Protest gegen Kassenvorschlag

Streichung der pDL ist „unverantwortlich“

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Berlin -

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) beklagt ein Defizit von sechs Milliarden Euro zum vierten Quartal 2024. Die Kassen sind leer und wollen gefüllt werden. Das Stichwort lautet Umverteilung. Konkret geht es um den Topf der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL), der von den Apotheken nicht ausgeschöpft wird. Die AOK schlägt vor, die Umlage für pDL zu streichen und bislang nicht abgerufene Mittel an die Kassen zurückzuüberweisen – so könnten 150 Millionen Euro an die Kassen fließen. Aus der Apothekerschaft kommt Protest. Die pDL sind zu einem unverzichtbaren Angebot geworden, so Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK).

Apotheker:innen verbessern durch pDL die Arzneimitteltherapie. „Neben- und Wechselwirkungen können vermieden werden, wenn die Arzneimitteltherapie mit unserer Expertise enger überwacht wird“, so Hoffmann. Mehr noch: Die pDL tragen dazu bei, die Behandlung von Krankheiten durch Erhöhung der Therapietreue zu verbessern. Dabei verweist Hoffmann auf die professionelle Blutdruckmessung sowie die Schulung zur richtigen Inhalationstechnik bei Arzneimitteln zur Behandlung von Asthma.

„Die Krankenkassen handeln leichtsinnig, wenn sie dieses Angebot einschränken“, so der BAK-Präsident. Die optimale Versorgung der Versicherten werde aufs Spiel gesetzt. „Das ist unverantwortlich!“ Die Probleme in der Arzneimitteltherapie seien offensichtlich: In Deutschland nehmen etwa 42 Prozent der über 65-Jährigen fünf oder mehr rezeptpflichtige Arzneistoffe ein. Daher könne von schätzungsweise rund 250.000 Krankenhauseinweisungen ausgegangen werden, die auf vermeidbare Medikationsfehler zurückzuführen sind. Genau erkennen Apotheker:innen bei der erweiterten Medikationsberatung, weiß Hoffmann. Somit können schwerere Krankheitsverläufe verhindert und den Kassen Geld gespart werden.

„Durch die pharmazeutischen Dienstleistungen modernisieren die Apotheken ihr Aufgabenspektrum und stellen sich zukunftsweisend auf“, gibt Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) zu bedenken. Mit Blick auf die älter werdende Gesellschaft sei es immens wichtig, Patient:innen ein breites Angebot zu machen.

„Die Menschen brauchen starke Apotheken – oftmals sind wir die ersten, niedrigschwelligen Ansprechpartner im Gesundheitsweisen“, so Hubmann. „Wie immer geht es den Kassen nur ums Sparen und Leistungen wegstreichen – die Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen in unserem Land werden nicht mitgedacht.“

Auch wenn sich mit dem Streichen der pDL Einsparungen erzielen lassen, sei dies aus Kassensicht zu kurz gedacht. Immerhin verhindere die Identifizierung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und die Verbesserung der Arzneimitteltherapietreue unnötige Ausgaben, so der DAV-Vorsitzende. „Insofern wäre es ratsam, die Apotheken endlich wirtschaftlich zu stabilisieren, damit sie ihrem Versorgungsauftrag flächendeckend nachkommen können, anstatt ihnen weitere, finanzielle Probleme zu bereiten.“ Die Kassen sollten damit beginnen, ihre eigenen Verwaltungsausgaben zu hinterfragen. Dafür geben sie mehr als doppelt so viel aus wie für die rund 17.000 Apotheken.

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