Stoma-Ausschreibung: Patienten stoppen Barmer und DAK APOTHEKE ADHOC, 26.03.2018 12:17 Uhr
Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat die Barmer und die DAK-Gesundheit verpflichtet, ihre Heil- und Hilfsmittelausschreibungen zu Atemtherapiegeräten und zur Stomaversorgung sofort aufzuheben. Gleichzeitig hat die Aufsicht den Kassen untersagt, einen Zuschlag zu erteilen. Zuvor hatte die „Selbsthilfe Stoma-Welt“ gegen die Ausschreibung protestiert. Die Organisation sah darin eine deutliche Verschlechterung der Versorgung der Patienten.
„Aus Sicht des BVA ist die von der Barmer durchgeführte Ausschreibung von CPAP-Geräten aufgrund des mit der Versorgung verbundenen hohen Dienstleistungsanteils nicht zweckmäßig“, begründete ein BVA-Sprecher die Maßnahme. Anfang Januar hatte das BVA angekündigt, die Ausschreibungen zu prüfen. Jetzt folgte die Anordnung mit sofortiger Wirkung.
Das BVA betonte bereits, dass bei Ausschreibungen zu mindestens 50 Prozent Qualitätskriterien berücksichtigt werden müssen. Die Barmer will den Bescheid des BVA nicht hinnehmen und hat Klage beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Die Krankenkasse ist der Meinung, dass die Ausschreibung gesetzeskonform ist. Den Vorwurf, bei Heil- und Hilfsmitteln auf Kosten der Qualität zu sparen, hatte die Kasse schon im Januar zurückgewiesen. In der Ausschreibung seien alle wichtigen Qualitätsanforderungen als Vorgabe an die Leistungserbringer in der Leistungsbeschreibung festgeschrieben, teilte die Barmer mit.
Auch die DAK will gegen den Bescheid vorgehen und Anfechtungsklage erheben. Die Kasse hält ihre Ausschreibung für rechtmäßig: Sowohl die Vorgaben des GKV-Spitzenverbandes als auch die Inhalte des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung seien vollumfänglich berücksichtigt worden, heißt es dort.
In einer Online-Petition der „Selbsthilfe Stoma-Welt“ hatten sich zuvor 5435 Unterzeichner gegen die Ausschreibung der DAK ausgesprochen. Laut der Initiative „Faktor Lebensqualität“ gefährden Ausschreibungen in diesem Bereich das Wohl und die Gesundheit der Patienten. Sie schränkten sie die Wahlfreiheit der Betroffenen ein und hätten nur Kostensenkungen zum Ziel.
Nach Ansicht der Initiative verstößt die Ausschreibung der DAK darüber hinaus gegen geltendes Recht und die Absichten des Gesetzgebers bei der Neufassung des Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetzes (HHVG). Dies sehe eindeutig vor, dass Ausschreibungen nicht zulässig seien, wenn Hilfsmittel individuell angefertigt werden müssten oder die Versorgung mit einem hohen Dienstleistungsanteil verbunden sei. Dies treffe auf die ableitende Inkontinenz- und Stoma-Versorgung zu. „Die DAK hätte diese Leistungen also gar nicht ausschreiben dürfen“, so die Initiative. Die Kasse solle den mit der Petition deutlich gewordenen Willen der Patienten nicht ignorieren und die Absichten des Gesetzgebers nicht weiter unterlaufen.
Am 6. November 2017 hatte die DAK die Ausschreibung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Stomaartikeln (PG 29) und Inkontinenzhilfen (PG 15/für Urostoma) gestartet. Die Angebotsfrist endete Ende Januar. Das im Frühjahr 2017 in Kraft getretene HHVG definiere Ausschreibungen für Hilfsmittel mit hohem Dienstleistungsanteil als „nicht zweckmäßig“, so die Selbsthilfe-Initiative. 14.000 Stomaträger sind laut Initiative in der DAK versichert. Als drittgrößte Krankenkasse Deutschlands nehme die DAK eine Vorbild-Funktion gegenüber anderen Krankenkassen ein. Werde die Stoma-Ausschreibung nicht gestoppt, würden weitere Kassen diesem Beispiel folgen.