Hessen: Grüne wollen mehr Geld für Apotheken Lilith Teusch, 11.07.2024 14:31 Uhr
Erst vergangene Woche hatte Ines Claus, CDU-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, die Apotheker:innen eingeladen, mit der Fraktion über ihre Anliegen zu sprechen. Heute gab es zum Thema „Hessen steht an der Seite der Apotheken – pharmazeutische Versorgung ist ein Grundbedürfnis“ auf Antrag der CDU-Fraktion eine aktuelle Stunde im Landtag. Scharf kritisiert wurden erneut die im Referentenentwurf vorgesehenen Apotheken ohne Apotheker:innen.
„Wir stehen fest an der Seite der Apotheker und Apothekerinnen und damit an der Seite der Menschen in Hessen“, sagt Claus. In den vergangenen Wochen habe sie viel mit und über Apotheken gesprochen. „Wir haben alle das gemeinsame Ziel, eine niedrigschwellige, flächendeckende Versorgung sicherzustellen“, erklärt Claus. Dazu gehöre die Erhaltung der Vor-Ort-Apotheken mit Fokus auf persönliche Beratung, die besonders für ältere Menschen wichtig sei. Wegen der alternden Bevölkerung und der anhaltenden Lieferengpässe werde die Bedeutung der wohnortnahen Apotheke zukünftig eher noch zunehmen. „Deswegen braucht es die/den approbierten Apotheker:in“, betont Claus.
CDU: Gemeinsames Signal der Länder
Der Referentenentwurf zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) sei keine Stärkung, sondern eine Schwächung der Apotheke, so Claus. Eine von PTA geführte Apotheke würde die Patientensicherheit gefährden. Arzneimittel seien keine Ware wie jede andere. Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, brauche es die hohen Hürden in der Berufsausbildung. Unerkannte Wechselwirkungen zwischen Medikamenten könnten nicht nur schädlich, sondern tödlich sein. „Eine Apotheke ohne Präsenzapotheker:in wollen und können wir uns nicht leisten“, so Claus. Alle Gesundheitsminister:innen der Länder würden den Entwurf kritisch sehen. Noch sei das ApoRG nur ein Entwurf, daher brauche es jetzt ein gemeinsames Signal der Länder nach Berlin.
Auch Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) spricht sich klar gegen die Apotheke-Light aus. „Wenn Apotheke draufsteht, muss auch Apotheke drin sein“, betont Stolz. Die Apotheken müssten gestärkt werden, vorhandene Strukturen dürften nicht geschwächt werden. Auch sie warnt vor Leistungskürzungen, insbesondere im Umgang mit Lieferengpässen, Nacht- und Notdiensten und der Beratung. Nur mit den Vor-Ort Apotheken könne eine bedarfsgerechte Medikamentenversorgung sichergestellt werden. Stolz sagt, dass man sowohl mit dem Apothekerverband als auch der Landesapothekerkammer gemeinsam arbeite.
SPD/Grüne: Konstruktiver Diskussionsprozess
Auch Marcus Bocklet (Grüne) sagte, dass Apotheken ein wichtiger Baustein der Gesundheitsversorgung seien und unter enormem Druck stünden. Jahrelang habe es keine Honorarerhöhung gegeben, gleichzeitig seien die Betriebskosten enorm gestiegen. „Klar ist, dieser Missstand muss behoben werden, und bei dem Kampf für bessere Gebühren, mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen stehen wir an der Seite der Apotheken in Hessen“, versprach Bocklet. Auch er betonte, dass es sich bei dem ApoRG bisher nur um einen Referentenentwurf handle und kein Gesetz so aus dem parlamentarischen Verfahren komme, wie es reingegangen sei. Viele Vorschläge im Entwurf seien klug, einige könne man besser machen, so Bocklet.
„Als SPD in Hessen stehen wir an der Seite der Apotheken in Hessen und setzen auf die inhaber- und inhabergeführte Apotheke vor Ort“, sagte auch Dr. Daniela Sommer (SPD). Für ein zuverlässiges Gesundheitssystem seien die Apotheken unverzichtbar. Sie erinnerte dabei auch an den Beitrag der Apotheken während der Pandemie.
Für die Versorgungssicherheit müsse auch die Pharmaindustrie und lokale Produktion gestärkt werden, betont Sommer. Die Koalition in Hessen habe dies im Blick. Außerdem wolle man die PTA-Ausbildung in Hessen ausbauen.
Die Kompetenz der Apotheker:innen sei unabdingbar, sie seien Partner in der Gesundheitsversorgung. „Wir werden uns auch zukünftig für sie einsetzen“, versprach Sommer. Sie wies darauf hin, dass das ApoRG bisher nur als Entwurf vorliege. Insofern setze sie auf einen konstruktiven Diskussionsprozess.
FDP: ApoRG gefährdet tausende Arbeitsplätze
„Wir sind uns einig: Dem Reformvorhaben muss entgegengesteuert werden, und es ist Eile geboten“, unterstrich Yanki Pürsün (FDP). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sende mit seinem Konzept der Apotheke ohne Apotheker:in ein „völlig falsches Signal“. Seine Reformpläne liefen Gefahr, zu irreparablen Schäden eines bewährten Systems zu führen. Außerdem müsse mit Leistungskürzungen gerechnet werden, so der FDP-Politiker.
„Tausende von Arbeitsplätzen werden gefährdet“, warnte Pürsün. 2023 hätten bundesweit etwa 560 Apotheken geschlossen, im Schnitt biete jede Apotheke rund 9 Arbeitsplätze. Alleine im letzten Jahr wären somit über 5000 wohnortnahe Arbeitsplätze in Apotheken verloren gegangen, rechnete Pürsün vor.
Er verwies auf das Konzeptpapier der FDP-Fraktion in Thüringen als „gelungenen Gegenentwurf“ zum Referentenentwurf. Pürsün forderte, insbesondere an die SPD-Politiker gerichtet, Lauterbach an die Verantwortung, die er den Menschen gegenüber hat, zu erinnern.
AfD: Es braucht parteiübergreifende Lösungen
„Die Apotheken sind wichtige Beratungsstellen, den Apotheker steht das Wasser bis zum Hals“, so Volker Richter (AfD). Bisher seien die Versprechungen der anderen Parteien nur Worthülsen, es müssten parteiübergreifend Lösungen gefunden werden.