Das Bundesfinanzministerium (BMF) prüft derzeit eine strengere Überwachung von Registrierkassen, um Steuerhinterziehung zu minimieren. So richtig überzeugt ist man in der Regierung von einer Überwachung mittels sogenannter Smartcards aber offenbar nicht. Fahrtenschreiber in den Kassen allein würden Manipulationen nicht verhindern können, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen hatten explizit auf Steuerhinterziehung in Apotheken hingewiesen.
Die Finanzminister der Länder hatten im vergangenen Jahr beschlossen, dass Registrierkassen künftig mit technischen Hilfsmitteln vom Fiskus überwacht werden sollen. Ziel ist demnach die Einführung des Systems INSIKA (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme).
Die Regierung hält die Fahrtenschreiber nicht für ein fiskalpolitisches Allheilmittel: „Es besteht kein Dissens darüber, dass der Einbau einer Smartcard im Rahmen des INSIKA-Konzepts allein nicht geeignet ist, alle Manipulationsmöglichkeiten mit Registrierassen zu verhindern“, heißt es in der Antwort des BFM. Das Ressort von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Grünen im Namen der Bundesregierung geantwortet.
Bestimmte Betrügereien wie die nachträgliche Manipulation der Kassen- und Buchführungsdaten ließen sich zwar erschweren. Zusätzlich zu INSIKA wären aber „weitere flankierende Maßnahmen erforderlich“. Das BMF arbeitet nach eigenen Angaben zusammen mit den Finanzbehörden der Länder an einem „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Manipulation digitaler Grundaufzeichnungen“.
„Bei der Einführung einer verpflichtenden technischen Sicherheitslösung für Registrierkassen (zum Beispiel krypotographische Signierung jeder Erfassung) wären nach Auffassung der Bundesregierung Verlagerungen der Betrugsversuche möglich“, heißt es in der Antwort. Insbesondere bei Klein- und Kleinstbetrieben ohne Angestellte wäre ein Übergang zur offenen Ladenkasse nicht unwahrscheinlich, so das BMF. Auch die Gefahr, dass Umsätze nicht erfasst oder Hard- und Software manipuliert werden, sieht die Regierung damit nicht als gebannt an.
Eine Patentlösung gibt es aus Sicht des BMF daher nicht. Eines ist aus Sicht des Ministeriums aber klar: „Ohne personelle Kontrollen vor Ort besteht die Gefahr, dass technische Maßnahmen allein allenfalls den Anschein korrekten Verhaltens zu erzeugen.“
Die Regierung hat bereits bei zahlreichen Wirtschaftsverbänden – darunter der ABDA – nachgefragt, wie aufwändig eine Umrüstung der Kassen wäre. Demnach würde das INSIKA-Konzept „erhebliche Bürokratiekosten für die Wirtschaft verursachen“. Nach Angaben der Verbände würden einmalige Umrüstungskosten von 150 bis 300 Euro pro Kasse entstehen, zusätzlich 200 Euro für neue Drucker, gegebenenfalls neue Kassensysteme für bis zu jeweils 3500 Euro sowie laufende Kosten von jährlich 15 bis 180 Euro pro Kasse.
Aus Sicht der Wirtschaft sei der Aufwand vor allem für Handelskonzerne, Franchisesysteme und Lebensmittelketten unverhältnismäßig. Nach Schätzungen der betroffenen Verbände müssten bei einer verpflichtenden Verwendung des INSIKA-Konzepts 1,4 bis 2,9 Millionen Kassen umgerüstet werden.
In der ganzen Debatte um die Einführung von Sicherheitssystemen, scheint das Ausmaß des Problems nicht bekannt zu sein: „Eine Schätzung des jährlichen Steuerausfalls durch Betrug mit manipulierten Registrierkassen ist der Bundesregierung nicht möglich, da es an belastbaren Grundlagen für eine Berechnung fehlt“, so das BMF. Auch die Länder könnten keine belastbare Aussagen zur Häufigkeit von Manipulationen treffen.
Alternativen wären aus Sicht des BMF etwa ein sogenannter Fiskalspeicher, wie er etwa in der Gastronomie in Belgien eingesetzt wird. Möglich wäre auch eine Belegausgabepflicht mit der gleichzeitigen Verpflichtung, dass der Kunde den Beleg aufhebt, wie in Italien. Das Fraunhofer Institut habe zudem ein System entwickelt, das bereits in Spielgeräten Anwendung finde. Ob App-basierte Cloud-Systeme, die alle Kassenbewegungen speichern, mit INSIKA kompatibel sind, sei noch nicht abschließend geklärt. Die Ansätze in anderen Ländern beobachte man ebenfalls aufmerksam, gegebenenfalls soll eine Lösung auf europäischer Ebene angestrebt werden.
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