Keine Fahrtenschreiber für Apothekenkassen APOTHEKE ADHOC, 23.06.2015 15:04 Uhr
Die Regierung plant vorerst keinen Einsatz von „Fahrtenschreibern“ für alle Kassen im Einzelhandel. Statt das System „INSIKA“ einzuführen, wie von den Bundesländern gefordert, strebt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) laut einem Bericht des Handelsblatts eine europaweite Lösung an.
Im Februar hatte Schäubles Ressort in etlichen Branchen bei den Verbänden nachgefragt, wie viele Unternehmer von einer verpflichtenden Aufrüstung ihrer Kassen betroffen wären und welche Kosten dabei entstehen würden. Auch die ABDA wurde vom Bundesfinanzministerium (BMF) um eine Stellungnahme gebeten.
Die Finanzminister der Länder hatte sich bereits vor einem Jahr darauf verständigt, INSIKA (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) bundesweit einzuführen. Doch laut einem Bericht des „Spiegel“ sperren sich Schäuble (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen die Einführung des Verfahrens. Der Aufwand für die Unternehmen sei zu hoch.
Auch die ABDA hatte Bedenken angemeldet. Die Einführung des Konzepts erscheine „für die deutsche Apothekerschaft unverhältnismäßig“, hieß es in der Stellungnahme an das BMF aus dem März. Die Umrüstungskosten im Falle einer Verpflichtung zur Verwendung des INSIKA-Konzept wären erheblich, so die ABDA.
Das „Handelsblatt“ zitiert jetzt aus einem Schreiben des BMF an den hessischen Finanzminister Themas Schäfer (CDU): „Wir halten eine Harmonisierung wenigstens in der EU für zielführend. Eine erste Kontaktaufnahme ist erfolgt.“ Die Manipulation von Kassensystemen sei offenbar in allen wirtschaftlich entwickelten Staaten ein Problem, so die Begründung.
Schäfer ist derzeit Vorsitzender der Finanzministerkonferenz. Sein Vorgänger Norbert Walter-Borjans (SPD), Finanzminister in Nordrhein-Westfalen, hatte das Thema vorangetrieben. Er ist von dem Vorgehen der Bundesregierung enttäuscht: „Es gibt ein Konzept, das schnell umgesetzt werden könnte. Die Gründe, mit denen das BMF jetzt immer neue Verzögerungen verursacht, sind nicht nachvollziehbar.“
Laut dem Bundesrechnungshof (BRH) ist Steuerbetrug mit manipulierten Kassen ein „Massenphänomen“. Schätzungsweise zehn Milliarden Euro würden dem Fiskus pro Jahr entgehen, weil Unternehmen Umsätze nicht oder falsch erfassten, zitiert der „Spiegel“ aus einem Bericht der Prüfer an das BMF. Das Ministerium müsse diese „unhaltbaren Zustände“ umgehend abstellen. Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung bargeldintensiver Betriebe sei derzeit nicht sichergestellt, so die Prüfer.
Die Finanzminister von Bund und Ländern werden am Donnerstag wieder zusammen sitzen und das Thema besprechen. In der Regierung ist man von einer Überwachung aller bargeldintensiven Betriebe mittels sogenannter Smartcards allerdings nicht restlos überzeugt. Fahrtenschreiber in den Kassen allein würden Manipulationen nicht verhindern können, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen hatten explizit auf Steuerhinterziehung in Apotheken hingewiesen.