Ein Apotheker aus Chemnitz muss sich vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Er soll knapp zwei Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Zum Prozessbeginn hat er seinen Beratern die Schuld gegeben. In den kommenden Wochen sind vier weitere Verhandlungstermine angesetzt. Auch eine Versandapotheke in den Niederlanden spielt eine Rolle.
Der Niederländer Dr. Eugene E. betreibt seit 2005 in der Nähe von Amsterdam eine Versandapotheke. Doch auch in Sachsen ist der Apotheker aktiv: Seit 2000 gehört ihm eine Apotheke in Bad Schlema, in Chemnitz betreibt er eine weitere Apotheke. Zur Gruppe gehören außerdem ein Großhandel, ein Sterillabor und eine Immobiliengesellschaft, ebenfalls mit Sitz in Chemnitz. Allein der Großhandel soll 2014 mehr als 20 Millionen Euro Umsatz gemacht haben.
Seit dieser Woche muss sich E. vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Der Staatsanwaltschaft zufolge sind knapp drei Jahre lang falsche oder teilweise gar keine Steuererklärungen abgegeben worden. Der Schaden soll bei mehr als 1,9 Millionen Euro liegen. Der Apotheker will sich vor Gericht ausführlich äußern und monatliche Abrechnungen vorlegen.
Für die steuerliche Abwicklung des Versandhandels habe er bis zu sieben Berater engagiert, sagte er zum Prozessauftakt. Diese sollen aber mit dem Arzneimittelversand auch nicht gut klargekommen sein. Er sei sehr enttäuscht, dass sie nicht in der Lage gewesen seien, die Sache richtig zu erfassen.
Auf welches Geschäftsfeld die mutmaßliche Steuerhinterziehung entfällt, war bislang bei Staatsanwaltschaft und Gericht nicht zu erfahren. E. war für Rückfragen in seinen Apotheken nicht zu erreichen.
Die Versandapotheke hat ihren Sitz in den Niederlanden. Wollen Kunden allerdings Rezepte einlösen, sollen sie diese an ein Postfach in Chemnitz schicken; ab zwei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist der Versand gratis. Womöglich sieht die Staatsanwaltschaft den Verdacht, dass das operative Geschäft in Deutschland abgewickelt wird und damit hierzulande steuerpflichtig ist.
In der Vergangenheit hat die Versandapotheke versucht, das damals auch für ausländische Versandapotheken geltende Bonus-Verbot zu umgehen. Die Kunden erhielten Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, wenn sie einen Fragebogen zu ihrem Wohlbefinden ausfüllten. Wer viele hochpreisige Rx-Artikel bestellte, konnte so bis zu 25 Euro Rabatt erhalten. Der Fall hatte überregional Bedeutung gewonnen: Die Apothekerkammer Sachsen hatte die Angelegenheit zur Prüfung an die ABDA gegeben.Das Landgericht Berlin hatte dieses Modell 2014 verboten. Den Vordruck für die „Anwendungsbeobachtung“ gibt es immer noch, Rabatte werden derzeit jedenfalls nicht angepriesen.
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