Sterilrezepturen

Zyto-Ausschreibung: Verfassungsbeschwerde abgelehnt

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Berlin -

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Beschwerde gegen das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Sachen Zytostatika-Ausschreibung abgelehnt. Damit ist der juristische Streit um die Rechtmäßigkeit der Verträge beendet: Krankenkassen dürfen Sterilzubereitungen ausschreiben und Apotheken, die ohne Vertrag Rezepturen abgeben, auf Null retaxieren.

Die AOK Hessen hatte 2013 die Versorgung mit parenteralen Zytostatika-Zubereitungen ausgeschrieben und exklusive Verträge mit zwölf Apotheken geschlossen. Wer ohne Vertrag Patienten versorgte, wurde retaxiert. Rainer Schüler, Inhaber der Fliederberg-Apotheke in Darmstadt, ist einer der betroffenen Apotheker. Trotz schriftlicher Bestätigung der Patienten, dass sie weiterhin auf diesem Weg versorgt werden möchten, blieb die AOK bei der Absetzung.

Die Sache ging vor Gericht. Allein im Dezember 2013 hatte Schüler 149 Rezepte für 38 Versicherte beliefert, die Retaxationen summierten sich auf rund 70.500 Euro. Während des Verfahrens hatte man sich darauf verständigt, dass die AOK den Betrag zunächst wieder auszahlt und dann jeden dritten Monat retaxiert.

Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hatte noch zu Gunsten des Apothekers entschieden. Doch im Revisionsverfahren vor dem BSG setzte sich die Kasse durch: Am 25. November 2015 wiesen die Kasseler Richter Schülers Klage ab und erklärten die Retaxationen der AOK für zulässig. Laut der Urteilsbegründung haben Versicherte in der Krebsversorgung – vergleichbar mit einem stationären Krankenhausaufenthalt – gar kein Recht auf freie Apothekenwahl. Der Arzt bestelle die Sterilrezepturen auch ansonsten direkt bei einer Apotheke. Weil der Gesetzgeber Verträge in diesem Bereich explizit zugelassen habe, durfte die Kasse diese laut Gericht auch mit Nachdruck durchsetzen.

Schüler wollte diese Begründung nicht akzeptieren. Er wollte die Entscheidung in Karlsruhe überprüfen lassen. Die Beschwerde führte der Verfassungsrechtler Professor Dr. Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg. Auf 55 Seiten führte er aus, warum es nicht sein könne, dass für eine erbrachte Leistung keine Vergütung gezahlt werde.

Die Antwort des BVerfG fiel denkbar knapp auf einer Din-A4-Seite aus: Die Beschwerde werde nicht zur Entscheidung angenommen und diese Entscheidung sei unanfechtbar. Eine Begründung liefert das Gericht nicht, was allerdings nicht unüblich ist. Damit ist der Rechtsweg abgeschlossen: „Die Rechtsinstanzen sind damit ausgeschöpft – jetzt kann man das Thema nur noch politisch angehen“, sagt Rechtsanwältin Berit Gritzka, stellvertretende Geschäftsführerin des Hessischen Apothekerverbands (HAV).

Derweil hat der AOK-Bundesverband – mit dem BSG-Urteil im Rücken – in fünf Bundesländern die Versorgung mit Sterilzubereitungen ausgeschrieben. Zuletzt musste der Start der Verträge von Juli auf August verschoben werden. „Wiederholte Terminprobleme, zahlreiche Unklarheiten bei Bietern, insbesondere ständige Änderungen an den Ausschreibungsunterlagen zeigen allein schon das Ausmaß an Verwirrung und Durcheinander“, kommentierte Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbands der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA).

„Die Versorgung mit onkologischen Arzneimitteln ist eine hochkomplexe pharmazeutische Dienstleistung, für die ein Ausschreibungsverfahren völlig ungeeignet ist“, so Peterseim. Die aktuelle Suche nach Partnern kritisierte er als „Ausschreibungsmurks“.

Der VZA fordert ein Verbot von Ausschreibungen über Zytostatika. „Ausschreibungen führen nach kurzer Zeit dazu, dass viele Nachfrager nur noch auf wenige Anbieter treffen, hinter denen große überregionale Herstellungsbetriebe stehen“, so Peterseim. „So werden die vorhandenen wohnortnahen und zuverlässigen Versorgungsstrukturen zerstört. Obendrein wird das Recht der Patienten auf freie Apothekenwahl beschnitten.“

Durch den Verlust an räumlicher und zeitlicher Versorgungsnähe werde etwa die zeitsparende Blutbildkontrolle unmittelbar vor einer Anwendung deutlich erschwert – wenn nicht gar unmöglich gemacht. Eine ausschließlich am Preis orientierte Vergabe mache zudem zwangsläufig die umfangreichen Beratungs- und Dienstleistungen der Apotheken am Ort zunichte.

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