Wenn ein Mensch stirbt, besteht die gesetzliche Pflicht, einen Arzt zur Feststellung des Todes und zum Ausstellen eines Totenscheins heranzuziehen. Nach Darstellung der Fraktion Die Linke kommt es dabei in nicht wenigen Fällen zu überzogenen Abrechnungen der Ärzte. Diese nutzten die Unwissenheit und Trauer der Angehörigen aus, heißt es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion an die Bundesregierung. Deswegen fordert die Linke die „Aufnahme des Totenscheins in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung“.
Für rund eine halbe Million Menschen, die jährlich in der eigenen Wohnung, im Pflegeheim oder einer Hospizeinrichtung sterben, sind in aller Regel niedergelassene Ärzte für die Ausstellung des Totenscheins zuständig. Weil mit dem Tod die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ende, müsse diese ärztliche Leistung in der Regel von Angehörigen nicht nur veranlasst, sondern auch bezahlt werden. „Damit sind die trauernden Angehörigen auch verantwortlich für die Prüfung der ärztlichen Rechnung“, schreibt die Linke in ihrer Anfrage.
Meist kennen sich Angehörige in dieser Materie jedoch nicht aus, vor allem wenn sie als gesetzlich Versicherte mit der Gebührenordnung und dieser Art der Abrechnung mit Ärzten wenig Erfahrung hätten. „Zudem sind sie – abgesehen von ihrer Trauer – mit vielen anderen organisatorischen Fragen beschäftigt, die der Tod von Angehörigen mit sich bringt“, so die Linke.
In der für die Arztrechnung maßgebliche Gebührenordnung (GOÄ) gebe es aber „mehrere Möglichkeiten zur Ausdifferenzierung der ärztlichen Vergütung“. Neben der Ziffer 100 für die Feststellung des Todes komme auch ein Wegegeld in Betracht. „Zudem waren in der Vergangenheit zumindest einige Ärztinnen und Ärzte bestrebt, die ihrer Auffassung nach unterbezahlte Leistung durch die Abrechnungsziffer 50 Besuch, einschließlich Beratung und symptombezogene Untersuchung aufzubessern“, schreibt Die Linke mit Bezug auf einen Beitrag im Rheinischen Ärzteblatt: „Es ist zwar seit 1998 gerichtlich geklärt, dass dieses Verhalten nicht rechtsgemäß ist, doch eine sachgerechte Prüfung durch die Angehörigen erscheint insbesondere in der vorliegenden Situation realitätsfern.“ Die Besuchsgebühr darf nur in Rechnung gestellt werden, wenn der Arzt bei seinem Eintreffen davon ausgegangen ist, dass der Patient noch lebt und ärztliche Hilfe benötigt.
Dazu kämen dann noch Möglichkeiten für die Ärzte, Steigerungsfaktoren zu den Leistungspositionen zu berechnen. In der Regel könnten sie dabei mehr oder minder frei zwischen dem 1,0- bis 2,3-fachem Satz wählen. Bei begründeten besonders aufwändigen Fällen bestehe auch die Möglichkeit, den bis zu 3,5-fachen Steigerungsfaktor anzuwenden. „Einige Ärztinnen und Ärzte berechnen auch einfach ohne Zuhilfenahme der GOÄ entgegen geltendem Recht einen pauschalen Satz oder setzen – ebenfalls rechtswidrig – Zusatzentgelte etwa für die dringliche Ausführung oder „Zuschlag für Leistungen an Samstagen, Sonn- und Feiertagen“ auf die Rechnung.“
Angehörigen dürfte normalerweise unbekannt sein, dass Zuschläge, etwa wegen der Tageszeit oder wegen ärztlichen Wochenendeinsätzen nicht zulässig sind, so Die Linke. Mehr noch: „Bestattungsunternehmen haben zwar oft Sachkenntnis über eine korrekte Berechnung, scheuen sich aber davor, fehlerhafte Rechnungen zu monieren, da die Ärztin oder der Arzt den Angehörigen andere Unternehmen empfehlen könnten.“
Daher schlägt die Fraktion Die Linke vor, dass die Krankenkassen die Rechnung prüfen sollen: „Die Prüfung der Rechnungen durch die Krankenkasse der oder des Verstorbenen könnte aus diesen Gründen sowohl effektiver und effizienter als auch entlastender und pietätvoller für die Angehörigen sein als die derzeitige Regelung.“
Für die Feststellung des Todes und die Ausstellung des Totenscheins erhält der Arzt nach Ziffer 100 der GOÄ 14,57 Euro. Dieser Wert kann aber aufgrund der Schwierigkeit und Zeitintensität der Untersuchung nach Ermessen des Arztes steigen. Ohne Begründung kann der Arzt das 2,3-Fache der festgelegten Kosten, 33,51 Euro und mit Begründung das 3,5-Fache in Höhe von 51 Euro in Rechnung stellen. Zusätzlich kommt in der Regel ein Wegegeld von maximal 25,56 Euro hinzu, das nach der Entfernung und der Tageszeit gestaffelt ist.
Eine qualitative Verbesserungsmöglichkeit könnte aus Sicht der Linken in der Leichenschau durch entsprechend in der Todesfeststellung spezialisierte Ärzte bestehen. Denn nach den derzeitigen Regelungen dürften alle approbierten Ärzte die Todesfeststellung inklusive der Ausstellung des Totenscheins vornehmen, auch solche, die weder in ihrer Fachausbildung noch in ihrer beruflichen Praxis regelhaft mit Toten und Sterbenden konfrontiert seien, wie beispielsweise Augenärzte, Radiologen oder Gynäkologen.
Bis 2003 konnten die Kosten für die Todesfeststellung durch das Sterbegeld, das damals in Höhe von 525 Euro beim Tod eines Mitglieds beziehungsweise 262,50 Euro beim Tod eines Angehörigen von den Krankenkassen an die Hinterbliebenen gezahlt wurde, meist mehr als kompensiert werden. Um die Arbeitgeber in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zu entlasten, wurden das Sterbegeld durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) ab 2004 abgeschafft.
Zur Verbesserung der Situation der Hinterbliebenen beim Tod eines Angehörigen schlägt die Fraktion Die Linke vor, die Übernahme der Todesfeststellung als Kassenleistung einzuführen: „So könnten Überforderungen der Angehörigen bei der Rechnungsprüfung sowie unzulässig hohe Arztrechnungen rund um die Todesfeststellung zumindest für gesetzlich Versicherte weitgehend vermieden werden.“ Möglich wäre aus Sicht der Linken zudem eine steuerfinanzierte und durch Kommunen oder Länder administrierte Lösung, die dann auch ehemals privatversicherte Verstorbene einschlösse, deren Angehörige vor dem gleichen Problem stünden.
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