„Wenn wir eine intensivere Beratung wollen, müssen wir überlegen, wie wir das honorieren“, sagte Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, bei den Münsteraner Gesundheitsgesprächen der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Wenn Apotheker intensiv mit den Menschen redeten und neben Wechselwirkungen auch prüften, inwieweit Verordnungen mit der Lebenssituation kompatibel seien, sei der Aufwand groß. Hartnäckig bleibt Steffens dagegen beim Thema Selbstdispensation.
Apotheken könnten nicht gegen ihre Wirtschaftlichkeit beraten, so Steffens. Gerade die immer älter und immer bunter werdende Gesellschaft habe aber das Berufsbild des Apothekers dahingehend verändert. Dieser sei zunehmend gefragt, Menschen beratend zu unterstützen, etwa in der Frage von Präventionsangeboten für ältere Menschen. „Da sehe ich eine große Herausforderung für den Apotheker“, so Steffens.
Auch für die Aufrechterhaltung der ländlichen Versorgung müssten neue Weichen gestellt werden. Gerade um Landapotheken müsse man sich sorgen: „Es gibt Regionen, da wird es schwierig sein, den Landarzt zu halten, dann muss wenigstens der Apotheker da sein“. Dort, wo kein Apotheker mehr sei, müsse andersherum wenigstens ein Arzt sein, so Steffens. „Wir brauchen überall mindestens einen von beiden.“
Schon beim „Zukunftskongress öffentliche Apotheke“ des Apothekerverbands Nordrhein hatte Steffens im Februar in Bonn das Thema Selbstdispensation während des Notdienstes auf die Tagesordnung gebracht. Steffens fordert seit zwei Jahren eine solche Regelung und ist von der im Koalitionsvertrag angekündigten besseren Verzahnung nicht überzeugt.
Für eine künftige wohnortnahe Versorgung müssten auch junge Menschen motiviert werden, die Nachfolge anzutreten. Die junge Generation, die jetzt ins Studium gehe, suche die Balance zwischen Familie und Arbeit sowie Erholung und Arbeit. „Rund um die Uhr sieben Tage die Woche – das ist ein aussterbender Dinosaurier“, so Steffens. Zudem wollten Berufsanfänger Möglichkeiten zur Weiterbildung, Entwicklung und Verantwortung. „Deshalb wäre eine Verengung auf ökonomische Faktoren falsch.“Steffens sprach sich außerdem gegen eine Liberalisierung aus: „Wenn wir die inhabergeführten Apotheken haben wollen, und nicht die großen Apothekenketten und die Monopolisierung, dann müssen wir gucken, wie wir Existenzgründungen unterstützen können.“
Steffens hatte zuletzt betont, selbst nicht für die Selbstdispensation zu sein. Um die Versorgung aufrecht zu erhalten, müssten aber im Interesse der Bevölkerung regionale und individuelle Lösungen gesucht werden. Dazu gehöre, bezogen auf Ärzte und Apotheker, auch die praktische Überlegung, „ob zur Aufrechterhaltung der Versorgung Aufgaben aus dem jeweils anderen Bereich im Sinne einer Delegation wechselseitig wahrgenommen werden könnten“. Denkbar sei auch ein System zur Hausbelieferung, das mit dem ärztlichen Notdienst abgestimmt sei.
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