Eigentlich sollte es ein Schlichtungstermin werden im Streit um die Hellweg-Apotheke in Hemmerde, die 40 Jahre lang keinen Notdienst leisten musste. Zum Ende des Informationsgesprächs gab es sogar einen versöhnlichen Handschlag zwischen Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening und BasisApotheker Dr. Christoph Klotz. Doch anschließend eskalierte der Streit erneut: BasisApotheker Gunnar Müller hält die Pressemitteilung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) über Verlauf und Ergebnis der Treffens für eine „Frechheit“. Und will in Kürze mit einer eigenen Mitteilung kontern.
Begonnen hatte der Anhörungstermin aber mit einer satten Verspätung. Der als Vertreter für den verhinderten Müller zum Gespräch entsandte Klotz war bei der mentalen Vorbereitung beim Yoga eingeschlafen: „Um tiefenentspannt in den Termin zu gehen, habe ich kurz vorher noch mit autogenem Training begonnen und bin dabei leider eingeschlafen“, so Klotz. Geweckt habe ihn ein Anruf der Kammer.
Nun streiten die Beteiligten jedoch weiter über den Ausgang des Treffens, dass eigentlich angesetzt war, noch unklare Fragen zum nicht erfolgten Notdienst der Hellweg-Apotheke zu klären. Doch dazu kam es zu Beginn des Treffen erst gar nicht. Gegenstand der teilweise lautstarken Diskussion war nämlich die von der Kammer gegen Klotz erwirkte gerichtliche Untersagungserklärung. In einem Kommentar zur Causa Hellweg-Apotheker hatte Klotz die Befürchtung geäußert, Präsidentin Overwiening könnte Unterlagen manipulieren. Gegen diesen Vorwurf hatte sich die Kammerpräsidentin rechtlich zur Wehr gesetzt. Beim Treffen mit Klotz legte Kammergeschäftsführer Dr. Walter dann ein Dokument zur Hellweg-Apotheke aus dem Jahr 1979 vor.
Nach Darstellung der AKWL konnte in der vierstündigen Sitzung der Sachverhalt geklärt und offene Fragen aus den Listen – neben den BasisApothekern, sind dies die Gemeinschaftsliste, die Aktive Liste und die Neue Liste – beantwortet werden. „Meine Befürchtungen und Fragen hinsichtlich meiner strittigen Einlassungen haben sich durch diese Anhörung im Wesentlichen in Wohlgefallen aufgelöst", kommentierte Dr. Christoph Klotz nach Kammerangaben für die BasisApotheker, der zugleich ankündigte, die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die AKWL wieder zurückzuziehen. Das Zitat wurde nach Kammerangaben von Klotz ausdrücklich autorisiert.
Die Zweig-Apotheke in Unna-Hemmerde sei seit ihrer Genehmigung im Jahr 1979, als die Zuständigkeit für den Notdienst noch beim Regierungspräsidium in Arnsberg gelegen habe, nicht in der Notdiensteinteilung berücksichtigt worden, erläuterte die Kammer. Bei der Nichtberücksichtigung sei es auch geblieben, als der Kreis Unna 1984 die Zuständigkeit übernommen und im Jahr 1995 diese Aufgabe an die AKWL übertragen habe. „Inzwischen hat die AKWL die Apotheke im Notdienstplan berücksichtigt. Der erste Notdienst wird am 29. Mai 2019 erfolgen. Ab November 2019 wird die einzige Zweig-Apotheke im gesamten Kammergebiet dann als Filial-Apotheke fortgeführt werden“, so Kammer.
Zwischen Klotz und der AKWL kam es noch zu einem zweiten Deal. Neben dem Rückzug der Aufsichtsbeschwerde sicherte die Kammer zu, die von Klotz abzugebende Unterlassungserklärung hinsichtlich der Manipulationsvorwürfe nicht weiter gerichtlich zu verfolgen. Dadurch werden für Klotz Anwaltskosten vermieden.
Mit diesem Ausgang und vor allem der Darstellung der Kammermitteilung ist der beim Termin nicht anwesende Basisapotheker Müller als Veranlasser der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Overwiening aber überhaupt nicht einverstanden: „Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie Ihre jüngste PM (Pressemitteilung) offensichtlich nicht an mich als Fraktionsvorsitzenden versendet haben und bitte um Erklärung. Ich halte auch diese endgültige PM – insbesondere nach all unseren Anmerkungen zum Bezug der von Kollegen Dr. Klotz gemachten Bemerkungen – für eine Frechheit, da sie die Causa ‚Klotz‘ und die Causa ‚Hemmerde‘ in unzulässiger Weise miteinander vermengt. Wir werden unsere PM dazu entsprechend abfassen.“ Der Streit geht also weiter.
Aus Sicht von Müller konnte der Sachverhalt Hellweg-Apotheke „nicht abschließend geklärt werden“, teilte er jetzt mit. Dennoch zögen die BasisApotheker die Aufsichtsbeschwerde gegen die AKWL zurück, „um Schaden von der Kammer und ihren Organen zu nehmen und ihre Mitarbeiter durch die ansonsten erforderlichen Untersuchungen durch das Ministerium nicht noch weiter zu belasten“.
Der von der Kammer „diktierten und von den übrigen Fraktionen durchgewunkenen Pressemitteilung“ könne man sich aus verschiedenen Gründen nicht anschließen: Sie stelle auf die Causa „Klotz“ bezogene Zitate in sinnentstellender Weise in einen Zusammenhang mit der Causa „Hemmerde“ und stellt insofern die Causa „Hemmerde“ als abgeschlossen dar und lasse das Verhalten der Kammer in dieser Causa unreflektiert. „Beides ist nach unserer Meinung für die Causa ‚Hemmerde‘ nicht zutreffend“, so Müller. Man frage sich zudem, „warum unsere Fraktion – wie am Montag geschehen – von der Kammer zu einem Informationsgespräch eingeladen wird, die Vertreter der Fraktion sich übelstem Bashing ausgesetzt sehen“. Leider sehe man am Verlauf und leider auch am Ergebnis der Veranstaltung einmal mehr, wie seitens der Kammer und insbesondere seitens ihrer Präsidentin mit kritischen Kammermitgliedern und Gruppierungen umgegangen werde. „Wir distanzieren uns von dieser Art des Umgangs mit Kollegen und fordern die beteiligten Organe und Mitglieder der Geschäftsstelle auf, ihr Verhalten zu korrigieren“, so Müller.
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