Krankenhausversorgung

Apothekenverbund kontrolliert Klinikärzte Torsten Bless, 28.05.2018 07:59 Uhr

Berlin - 

Der auf Station präsente Apotheker als Partner von Klinikärzten und Pflegekräften: Die Antares-Gruppe hat in 16 Jahren reichlich Erfahrungen in der Versorgung von Krankenhäusern gesammelt und sich andere Apotheken im norddeutschen Raum als Partner mit ins Boot geholt. Vor Ort wollen die Pharmazeuten die Patientensicherheit verbessern.

In Hamburg begann die damalige Bären-Apotheke 2002 mit der Versorgung von Kliniken, acht Jahre später brachten die Apotheker Enno Scheel, Thomas Hintz und Thomas Boner ihre Apotheken in die Antares-OHG ein. „Seit den Anfangstagen hatten wir gute Wachstumsraten“, sagt Kent Blake, Leiter der Hauptapotheke Jenfeld und der Klinikversorgung. „Mittlerweile betreuen wir von Hamburg aus 80 sehr unterschiedliche, große wie kleine Krankenhäuser mit entsprechend schwankendem Budget. Insgesamt decken wir 8000 Betten ab.“

Für jedes Haus werde eine passgenaue Lösung erarbeitet. „Die Patientensicherheit steht dabei immer im Mittelpunkt“, betont Blake. „Wir haben im Laufe der Jahre einen Werkzeugkasten erarbeitet, aus dem wir uns das heraussuchen, was für die jeweilige Klinik passt.“ Um die entsprechende Kompetenz zu gewährleisten, bildet die Antares-Apotheke ihre Mitarbeiter in drei Jahren zu Fachapothekern für Klinische Pharmazie aus. Zusätzlich werden sie auf bestimmte Indikationen wie Onkologie oder Multiple Sklerose spezialisiert. Elf Pharmazeuten sind allein in Hamburg eigens dafür eingestellt, in der gesamten Antares-Gruppe arbeiten 55 Klinikapotheker. Dazu kommt der Herstellbetrieb Zytoservice.

„Der Apotheker auf Station ist eine sinnvolle Einrichtung zur Unterstützung von Ärzten und Pflegekräften“, sagt Blake. Schon bei der Aufnahme könne der Pharmazeut etwa die bisher genommene Medikation erfassen, so dass der Arzt darauf seine Therapie abstimmen könne. Das sei zum Beispiel in der Geriatrie sehr sinnvoll. Zudem sei der Klinikapotheker ein wichtiges Bindeglied zwischen medizinischen Personal und Patienten. „Nicht immer versteht der Patient, was er einnimmt, wir übersetzen die angesetzte Therapie in leicht verständliche Sprache.“

Oft begleitet der Apotheker Ärzte und Pflegekräften auf den Visiten. „Danach schauen wir uns die Patientenakten näher an, achten auf die aktuelle Medikation und erkennen so schnell, wo mögliche Wechselwirkungsprobleme auftreten können.“ Auf der Intensivstation könne ein Fachapotheker den entscheidenden Unterschied machen. „Hier müssen Entscheidungen über Medikamentenvergaben mitunter sehr schnell getroffen werden“, weiß Blake.

Dank der Fachapotheker bleibt das medizinische Fachpersonal jederzeit auf der Höhe der aktuellen Entwicklungen. „Wir informieren über neue Arzneimittel, bestehende Therapien und Therapieoptionen“, sagt Blake. „Dazu führen wir ständig Datenbankrecherchen durch.“ Um die Kosten nicht ausufern zu lassen, behalten die Pharmazeuten stets ein Auge auf günstigere Medikationsmöglichkeiten bei gleich hoher Qualität. Auf Wunsch stellen die Antares-Apotheken individuell zugeschnittene Schulungen und Vorträge zu allen pharmazeutischen Themen zusammen.

Die Krankenhäuser könnten zudem die Fachpharmazeuten damit beauftragen, ständig ein Auge auf das Arzneimittelsortiment zu haben und bei Bedarf nachzubestellen. So könnten mögliche Unregelmäßigkeiten wie ein spürbar steigender Verbrauch von bestimmten Präparaten schneller entdeckt werden. Ebenso sei die Übernahme des gesamten Logistikmanagements denkbar. „In der Regel werden die Medikamente zwischen 8 und 9 Uhr morgens ausgefahren, da sind die Pflegekräfte aber voll und ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt“, sagt Rainer W. Werther, Geschäftsführender Direktor der Antares-Apotheken. „Wir schlagen eine Übernachtlieferung vor, so dass zum Beispiel der Nachtdienst die Arzneimittel in Ruhe einsortieren kann.“

Nicht jeder Klinikträger könne sich einen solchen Rundumservice leisten, räumt Werther ein. „Bei kleineren Häusern mag es ausreichen, wenn wir ein- bis zweimal die Woche kommen. So erfassen wir immer noch die meisten Patienten.“ Und auch nicht jede Apotheke, die eine Krankenhausversorgung anbieten will, kann mit den Möglichkeiten und vor allem der personellen Ausstattung der Antares-Apotheken punkten. Hier greifen die Hamburger den Kollegen unter die Arme.

Vor etwa fünf Jahren bildete sich ein Verbund für den norddeutschen Raum. Er deckt zusammen 20.000 Patientenbetten ab. „Die Apotheken agieren alle eigenständig, aber wir stimmen uns eng ab“, berichtet Werther. Das hat auch ökonomische Vorteile: „Wir bilden eine Einkaufsgemeinschaft. So können wir Medikamente und andere benötigte Materialien zu günstigen Konditionen kaufen und dabei von Mengenrabatten profitieren, die eine einzelne Apotheke nicht bekommen würde.“

Vor allem aber gehe es um den Austausch von Wissen, betont Blake. „Gerade bei Landapotheken, die kleinere Häuser auf dem Land versorgen, fehlt es manchmal an Knowhow.“ So können die Stationsapotheker etwa auf spezialisierte Kenntnisse der Antares-Apotheke zurückgreifen. Dabei helfen die regelmäßig anberaumten Kooperationstreffen: „Hier haben Partner die Möglichkeit, ihre Probleme einzubringen.“ Das dürfe keine Einbahnstraße werden: „Auch die anderen Apotheken sind gefordert, ihr Wissen mit einzubringen. Gemeinsam arbeiten wir dann an Lösungen, die in das Gesamtkonzept mit einfließen.“

Ein riesiges Problem gerade für kleinere Apotheken seien die mit Securpharm und der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) entstehenden neuen Anforderungen an Datenschutz und Dokumentation. „Da muss man das Rad nicht neu erfinden. Es ist sinnvoll, mit möglichst einfachen Softwarelösungen zu arbeiten, am besten mit Systemen, die in den jeweiligen Krankenhäusern bereits vorhanden sind.“ Man könne als Gruppe ganz andere Forderungen zur Funktionalität an Softwarehersteller stellen denn als einzelne Apotheke.

Frisch in der Versorgung mit dazu gekommen ist das Josef-Hospital in Delmenhorst. „Es hat sich nach einer Apotheke umgeschaut, die dabei helfen kann, die Patientensicherheit und das Vertrauen bei Patienten und Mitarbeitern zu erhöhen“, so Blake. „Gleichzeitig muss das Krankenhaus sehr auf das Budget achten.“ Die Antares-Apotheke in Bremen übernahm.

„Eine gute Klinikversorgung kann von allen Apotheken geleistet werden“, betont Blake. „Aber die rechtlichen Eintrittshürden sind groß und auch die Margen sind nicht besonders hoch.“ Um Fälle wie den mordenden Krankenpfleger Niels H. künftig zu vermeiden, soll nach Willen der rot-schwarzen Landesregierung künftig in jedem niedersächsischen Krankenhaus Stationsapotheker über die Arzneimitteltherapie wachen. Doch woher das Geld dafür kommen soll, ist noch völlig unklar. Da sei vor allem die Bundespolitik und insbesondere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gefordert, findet Blake. „Arzneimittelsicherheit ist essentiell. Aber sie hat ihren Preis und der muss bezahlt werden.“