„Gesundes-Herz-Gesetz“

Statine: „Präventiver Einsatz ist absurd“

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Berlin -

Mit Inkrafttreten des neuen „Gesundes-Herz-Gesetz“ sind egelmäßige Untersuchungen des Herzens vorgesehen. Diese sollen dazu beitragen, um etwa Fettstoffwechsel-Störungen frühzeitig zu erkennen. Geplant ist außerdem der breitere Einsatz von Cholesterinsenkern. Diese Neuerung stößt bei der KBV auf heftige Kritik. „Es ist absurd, mit der vom Bundesgesundheitsminister angeführten Begründung breiten Bevölkerungsschichten Statine anbieten zu wollen, vor allem auch schon Kindern“, so KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister.

Per Gesetzentwurf sollen Herz-Checks für Erwachsene im Alter von 25, 35 und 50 Jahren zur Regelmäßigkeit werden. Zudem soll es Untersuchungen bereits im Kindes- und Jugendalter geben, um die Gründe für Fettstoffwechsel-Störungen herauszufinden. Auch Medikamente zur Rauchentwöhnung und zum Senken des Cholesterinspiegels sollen öfter verschrieben werden können. Vor allem der präventive Einsatz von Statinen stößt auf heftige Kritik.

Denn: Die Prävention sollte eher durch veränderte Lebensführung erfolgen, heißt es von der KBV. Das wäre wesentlich gesünder und für die Bevölkerung besser. Und konkret: „Im Grunde ist es eine Bankrotterklärung zu sagen, wir geben jetzt den Leuten lieber Statine“, betont Hofmeister und stellt gleichzeitig klar: „Das sind Medikamente mit erheblichem Nebenwirkungspotenzial. Und das hat eben keine Evidenz.“ Der Ansatz, Prävention durch Medikamente zu machen, sei falsch.

Statine haben Nebenwirkungen

Fakt ist: Die Anwendung von Statinen für die Primärprävention wird seit Jahren in Fachkreisen heftig diskutiert. Statine werden aktuell als Cholesterin- bzw. Lipidsenker weltweit eingesetzt und schon jetzt häufig präventiv verschrieben. Die als „Goldstandard“ bezeichneten Arzneimittel für die Behandlung von schädlichem Cholesterin oder LDL bergen jedoch einige Tücken.

So informierte die Britische Arzneimittelbehörde (MHRA) darüber, dass Statine eine Autoimmunkrankheit auslösen oder eine bestehende verschlechtern können. Ebenso wurde durch Forschende bestätigt, dass das Osteoporose-Risiko unter Statinen dosisabhängig zunehmen kann. Eine Metaanalyse zeigte außerdem, dass eine Statintherapie den Blutzuckerspiegel beeinflusst und das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht sein kann.

Laut Hofmeister sei nicht nur die fehlende Evidenz „höchst problematisch“, sondern, dass über Versorgung „durch Verordnung aus dem Ministerium“ entschieden werden soll. „Dabei ist es Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses festzulegen, welche Therapien, Untersuchungsmethoden und Medikamente in die Versorgung der breiten Bevölkerung kommen“, so der KBV-Vizechef. „Und das ist in der Wissenschaft und der Medizin immer ein Ringen um Notwendigkeit, um Wirtschaftlichkeit, um Angemessenheit, auch um Nebenwirkungen“, betont er.

Grenzverletzung durch Beratungsangebote

Für Hofmeister ist klar: „Eine stärkere Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist notwendig.“ Aber, es sei schwierig, „in diesem Gesetz positive Aspekte zu sehen.“ Bei den Disease-Management-Programmen seien einige Veränderungen vorgesehen, die „gut und notwendig sind.“

Zudem empfindet er die angekündigten Beratungsangebote in Apotheken als „eine Grenzverletzung“. Dass in Apotheken „auch mal Cholesterin gemessen wird“, dagegen sei kaum was zu sagen. „Wenn es aber dann darum geht, medizinische Beratung anzubieten, dann ist das Heilkunde und die Heilkunde ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten“, betonte er.

KBV bringt Stellungnahme

Hofmeister ist noch ein anderer Aspekt in dem Zusammenhang wichtig: „Es darf in Apotheken geworben werden für solche Präventionsprogramme. Das dürfen Ärztinnen und Ärzte nicht. Auch das ist eine Unwucht, die wir so auf keinen Fall akzeptieren können.“ Zum Entwurf des Gesundheitsministers für ein Gesundes-Herz-Gesetz gibt es am 15. Juli eine Verbändeanhörung: „Die KBV erarbeitet eine Stellungnahme“, so der KBV-Vizechef.

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