Ärztetag

Montgomery warnt vor Kassenstaat

, Uhr aktualisiert am 30.05.2013 09:11 Uhr
Berlin -

In der Debatte um Korruption im Gesundheitswesen werfen die Ärzte den Krankenkassen und Medien eine Verleumdungskampagne gegen die Ärzteschaft vor. „Wir müssen sehr darauf achten, dass die böse Saat des Gerüchts, der Verleumdung und Unterstellung nicht den ärztlichen Alltag zerstört“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, auf dem Deutschen Ärztetag in Hannover. Vertreter von Kassen wollten Ärzte deshalb schlechtmachen, um die ärztliche Freiberuflichkeit abzuschaffen und einen Kassenstaat zu errichten.

Dennoch müssten schwarze Schafe im Gesundheitswesen bestraft werden, so Montgomery. Dafür brauche es entsprechende Klauseln im staatlichen Recht. Die Koalition plant derzeit Regeln im Sozialrecht, so dass Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen geahndet werden können.

In Hannover will die Ärzteschaft vor der Bundestagswahl ihre Positionen in zentralen gesundheitspolitischen Fragen festlegen. Die Mediziner wollen eigene Vorstellungen für die Zukunft der gesetzlichen Krankenkassen vorlegen. Dabei möchten sie die private Krankenversicherung (PKV) erhalten. Eine Bürgerversicherung, wie von SPD, Grünen und Linken vorgeschlagen, lehnen sie dagegen ab.

Begründet hatte Montgomery seinen Pro-PKV-Kurs mit dem Argument, eine einheitliche Bürgerversicherung zerstöre den Wettbewerb und führe in eine Zwei-Klassen-Medizin. Die Ärzte fordern einen vom Einkommen unabhängigen Gesundheitsbeitrag, der an die vor Jahren von der Union geplante Kopfpauschale erinnert. Damit sollten die steigenden Kosten für die gesetzliche Krankenkassen von den Lohnkosten abgekoppelt werden.

Das 2004 vorgestellte Modell basierte auf einer einheitlichen Gesundheitsprämie von 169 Euro monatlich. Jeder Versicherte sollte 109 Euro aus eigener Tasche zahlen, den Rest der Arbeitgeber. Kritiker fürchteten ein Ende der solidarischen Finanzierung, bei der die Bezieher höherer Einkommen mehr zahlen als jene mit kleinerem Gehalt.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat auf dem Ärztetag vor der Bürgerversicherung gewarnt. „Die Bürgerversicherung macht den Versicherten zum Bittsteller einer Einheitskasse“, sagte der Politiker. Bahr verteidigte die heutige Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen. Die Festschreibung des Beitragssatzes mitsamt zusätzlich fließenden Steuermitteln sei richtig, sagte er.

Die SPD weist den Vorwurf von Koalition und Ärzteschaft, sie plane mit der Bürgerversicherung eine Einheitskasse, strikt zurück: „Davon kann keine Rede sein“, sagte der gesundheitliche Sprecher Professor Dr. Karl Lauterbach. Sowohl gesetzliche als auch private Kassen sollten die Bürgerversicherung anbieten. Privatversicherte bekämen die Möglichkeit, den Versicherungszweig zu verlassen. Lauterbach stellten den Medizinern mit der Bürgerversicherung ein höheres Honorar in Aussicht als heute.

Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, müsse die PKV nicht künstlich am Leben erhalten werden. „Die Ärzte wollen an der PKV festhalten, weil sie Angst haben, Geld zu verlieren.“

Auf dem Programm des Ärztetags steht zudem, wie die ärztliche Weiter- und Fortbildung in Deutschland verbessert werden kann. Die 250 Delegierten befassen sich auch mit den Auswirkungen von Armut auf die Gesundheit. Zudem wird vorgeschlagen, dass alle Kinder ein Gesundheitssparkonto aus Steuermitteln bekommen sollen. Der Ärztetag endet am Freitag.

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