Standespolitik

Verbandsvize schießt gegen ABDA-Spitze Benjamin Rohrer, 24.07.2013 18:08 Uhr

Kritik an Schmidt: Aus Sicht von HAV-Vize Dr. Hans-Rudolf Diefenbach sollten die Strukturen der ABDA grundlegend reformiert werden. Foto: HAV
Berlin - 

Eigentlich erlebt man die Spitzen der Standesorganisationen der Apotheker als geschlossen: Die Chefs der Kammern und Verbände verteidigen die Arbeit der ABDA-Spitze gegen immer häufig werdende Angriffe einzelner Protestgruppen. Doch jetzt bekommen die Protestler Unterstützung aus dem Verbandslager: Im Internet kursiert ein Schreiben von Dr. Hans-Rudolf Diefenbach, Vize des Hessischen Apothekerverbandes (HAV). Darin unterstützt dieser die Forderungen der Protestler an die ABDA.

Die Pharmazeutengruppe hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt vor wenigen Tagen mehrere Forderungen zukommen lassen. Ein vorheriger Brief des ABDA-Chefs hatte aus Sicht der Apotheker keine befriedigenden Antworten geliefert. Die Protestler fordern etwa, dass die ABDA bis zum Deutschen Apothekertag (DAT) eine Umfrage zu dem von Schmidt geforderten neuen Leitbild durchführt.

Diefenbach schreibt dazu: „Der Zwist zwischen dem ABDA-Präsidenten und einer immer größeren unzufriedenen Basis erfordert eines: Handeln. Nicht erst am Apothekertag, sondern bereits in den nächsten Wochen.“ Die Protestaktion sei ein Zeichen dafür, dass die Apotheker Angst um ihre Arbeitsplätze und Existenzen hätten. „Diese Realität scheint am Präsidenten vorbeizulaufen“, so Diefenbach weiter. Zu den Hintergründen des Schreibens war er bislang nicht zu erreichen.

Dem Vernehmen nach steigt die Anzahl der Unterzeichner der Forderungen konstant: Waren es anfangs dreizehn Protestapotheker, sollen inzwischen mehr als 60 Pharmazeuten den Brief unterschrieben haben.

Ein Kritikpunkt der Pharmazeuten ist die von der ABDA-Spitze geforderte Erneuerung des Berufsbildes. Auch Diefenbach kritisiert diese Pläne: „Man möchte nicht auf ein Leitbild 2.0 warten, wenn der Apotheker 1.0 nicht einmal definiert ist. Was man heute mit großer Verärgerung feststellt: Es wird ein Berufsbild für die Zukunft fabriziert, das die Frage aufwirft: Was taten wir eigentlich in den letzten 20 Jahren?“

Um die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern effektiv zu verbessern, fordert Diefenbach, dass die gleiche EDV genutzt werden müsse. Die Mediziner sollten zudem nur noch Wirkstoffe verordnen, die Apotheker das Medikament aussuchen. „Wir streben die Budgetverantwortung an.“

Diefenbach wünscht sich, dass die Apotheker bei der Erstellung des Leitbildes stärker eingebunden werden: „Solange jeder Jurist oder Soziologe oder Pädagoge in unseren Leitbildern herum fummelt, wird es nichts mit 2.0! Wir wollen das Rückgrat ganz oben sehen, das wir vor Ort ja auch beweisen. Ich gehe allerdings davon aus, dass hierzu das Konstrukt ABDA weitgehend zu überholen ist!“ Diefenbach hätte sich auch eine eingehendere Aufarbeitung der Zusammenarbeit der ABDA mit der Agentur El PATO gewünscht.

Was den Auftritt der ABDA – auch gegenüber den Krankenkassen – betrifft, sieht der HAV-Vize Nachholbedarf: „Wer 150.000 Leute vertritt und Milliardenbeträge im Arzneimittelbereich realisiert, muss andere Ellenbogen haben.“ Diefenbach kommt daher zu dem Schluss: „Ich verstehe die Anliegen der 'Protestler' mit ganz wenigen Ausnahmen sehr gut. Ich trage das mit.“