DAT der vergessenen Wünsche Julia Pradel, 03.09.2015 15:21 Uhr
Beim Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf wird den Delegierten womöglich einiges bekannt vorkommen: Viele Anträge wurden so oder ähnlich schon mindestens einmal behandelt. Hinter den größten Themenblöcken versteckt sich die Forderung, doch noch von der Politik beachtet zu werden – beim Medikationsplan, bei der Prävention, in Sachen Importquote und nicht zuletzt bei der Honorierung.
Allein 15 Anträge befassen sich mit der Vergütung in Apotheken. In einem Leitantrag, der acht Anträge des geschäftsführenden ABDA-Vorstands, Kammer und Verband in Berlin und Nordrhein sowie einzelnen Apothekern zusammenfasst, wird eine leistungsgerechte Honorierung verlangt. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, „unverzüglich eine angemessene Entgeltung der Apotheken für ihre vielfältigen Leistungen rund um die Versorgung der Patienten sicherzustellen“.
Hierzu gehört aus Sicht der Antragsteller die verbindliche Festschreibung einer jährlichen Überprüfung des Fixhonorars sowie eine Änderung der Methodik, nach der der Anpassungsbedarf errechnet wird. Diese müsse Apotheken die „wirtschaftliche Entwicklung und Teilhabe an der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung“ ermöglichen.
Außerdem soll das Sonderentgelt für die Abgabe dokumentationspflichtiger Arzneimittel erhöht, das Fixhonorar auch für die Abgabe von Rezepturen gezahlt und der Beitrag zum Nacht- und Notdienstfonds so angepasst werden, dass die Apotheker tatsächlich 120 Millionen Euro im Jahr erhalten. Einige Apotheker, darunter Dr. Kerstin Kemmritz, Dr. Hans-Rudolf Diefenbach, Andreas Flöter und Dr. Kay Gehrke, fordern eine Anpassung der Apothekenvergütung an die Inflationsrate.
Zweites großes Thema beim DAT ist der Medikationsplan beziehungsweise das Medikationsmanagement. Insgesamt sechs Anträge befassen sich mit der Thematik. In einem Leitantrag fordern der ABDA-Vorstand, die Kammern Berlin und Hessen sowie einzelne Apotheker, dass im geplanten E-Health-Gesetz geregelt wird, dass auch Apotheker einen Medikationsplan ausstellen können. Das hatte zuletzt auch der Bundesrat empfohlen, nachdem die Apotheker im ersten Gesetzentwurf nicht aufgetaucht waren.
Die Antragsteller verlangen darüber hinaus eine angemessene Vergütung der Leistung und betonen, dass ein Medikationsplan auf einer Medikationsanalyse basieren müsse. Einzelne Apotheker, unter ihnen Dr. Ernst Pallenbach, fordern, dass Apotheker Zugang zu den Diagnose- und Behandlungsdaten bekommen können. Die Apothekerkammer Berlin will die Ärzteschaft auffordern, die gemeinsame Verantwortung von Ärzten und Apotheker beim Medikationsmanagement anzunehmen.
Auch beim Präventionsgesetz wurden die Apotheker nicht beachtet und wollen sich nun erneut ins Gespräch bringen: Der ABDA-Vorstand will erreichen, dass der GKV-Spitzenverband seinen Leitfaden zur Prävention anpasst. Da dort Apotheker als Leistungserbringer kategorisch ausgeschlossen werden, hatten sie beim Präventionsgesetz eigentlich kaum eine Chance. Die ABDA geht sogar einen Schritt weiter und fordert den Gesetzgeber in einem weiteren Antrag auf, „die Möglichkeit eines entgeltlichen Impfpass-Checks in der Apotheke“ zu prüfen.
Ein Dauerbrenner ist nach wie vor die Importquote. Im vergangenen Jahr hatten die Apotheker in München bereits beschlossen, die Quotenregelung abschaffen zu wollen. Weit sind sie aber nicht gekommen: Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Bürokratieentlastungsgesetz hatte der Bundesrat Anfang Mai abgelehnt. Seitdem gibt es nur vereinzelt politische Äußerungen in diese Richtung.
Auch Lieferengpässe und die Sicherstellung der Versorgung sind weiterhin Thema. Die Landesapothekerkammer Hessen will erreichen, dass Arzneimittelhersteller gesetzlich verpflichtet werden, die Nichtlieferfähigkeit von Arzneimitteln innerhalb von einer Woche an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu melden. Bislang ist diese Meldung freiwillig. Im vergangenen Jahr waren insgesamt vier Anträge zu Lieferengpässen angenommen worden – getan hat sich wenig.
In Sachen Ausbildung sind die Apotheker ebenfalls nicht weit gekommen. Die Finanzierung der PTA-Ausbildung in Hessen und Nordrhein-Westfalen ist weiterhin nicht geklärt, das Pharmaziestudium in Leipzig steht nach wie vor auf der Kippe. Die Apothekerkammer Berlin und die Standesorganisationen aus Thüringen wollen die Zahl der Studienplätze sichern und erhöhen. Die Verbände aus Nordrhein-Westfalen warnen vor einem Fachkräftemangel an PTA. Der Gesetzgeber soll die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Apotheken auch in Zukunft über eine ausreichende Zahl an PTA verfügen.
Die ABDA will im Sinne der flächendeckenden Versorgung erreichen, dass das apotheken- und arzneimittelrechtliche Regelwerk bewahrt und „in geeigneter Weise“ weiter entwickelt wird. Dabei hat die Standesvertretung etwa Lieferdienstkonzepte, Videoapotheken, Abgabeautomaten, Apothekenbusse und ein Aufweichen des Dispensierverbots im Visier.
Zum wiederholten Mal befassen sich die DAT-Delegierten mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA): Nachdem ein Antrag auf Mitgliedschaft in dem Gremium vor zwei Jahren und ein Antrag auf weitere Informationen im vergangenen Jahr abgelehnt wurden, steht nun die Gründung eines Pharmazeutischen Beirates zum G-BA zur Debatte. Die Apothekerkammer Nordrhein schlägt vor, dem Ausschuss auf diese Weise „Hilfestellung in pharmazeutischen Fachfragen“ zu geben.
Ebenfalls bekannt ist die Forderung nach mehr Transparenz bei der Bearbeitung der DAT-Anträge. Nach der Apothekerkammer Thüringen wünscht sich in diesem Jahr der Hessische Apothekerverband mehr Offenheit: Alle DAT-Anträge sollen in einer Datenbank mit ihrem Bearbeitungsstand veröffentlicht werden.
Wie im vergangenen Jahr gibt es auch diesmal Anträge gegen Nullretaxationen aufgrund von Formfehlern und On-Pack-Promotions von OTC-Herstellern. Auch die Aktualität von Arztsoftware steht nicht zum ersten Mal zur Debatte.
Aber es gibt auch neue Themen: Die ABDA fordert, dass Cannabis für medizinische Zwecke pharmazeutische Qualität haben, in Apotheken abgegeben werden und von den Kassen erstattet werden soll. Außerdem soll ein „Sicheres IT-Netz der Apothekerschaft“ eingeführt werden, um Patientendaten für das Medikationsmanagement austauschen zu können.
Die Apothekerkammer Nordrhein will erreichen, dass sich Versandapotheken an die EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP) halten muss. Die bayerischen Standesorganisationen wünschen sich, dass im zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen alle Antibiotika EU-weit der Verschreibungspflicht unterstellt werden. Die Apothekerkammer Berlin fordert mehr Transparenz bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen, da diese Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme haben könnten.