Der Sommerempfang des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR) ist jedes Jahr ein Stelldichein von Gästen aus dem Gesundheitswesen, darunter Politiker aus Bundes- und Landtag, Vertreter der Ärzteschaft, Krankenkassen, des Großhandels und der Arzneimittelhersteller. Für die Bundesregierung war die parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesgesundheitsministerium, Sabine Weiss (CDU), nach Düsseldorf gekommen. In ihrer Rede bekräftigte sie den Willen, die durch das EuGH-Urteil aus 2016 zur Arzneimittelpreisbindung ausgelösten unfairen Wettbewerbsbedingungen für die öffentlichen Apotheken auszuräumen. In die Karten schauen ließ sie sich aber nicht.
Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) werde an konkreten Lösungen gearbeitet, wie Ungleichheiten beseitigt werden können, betonte Weiss vor mehr als 100 Gästen. Sie hob mehrfach die große Bedeutung der Apotheken vor Ort hervor. Diese seien ein Stück Heimat und darauf könne man nicht verzichten. Dabei dankte sie den Apotheken ausdrücklich für ihren täglichen Einsatz bei der Arzneimittelversorgung auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten.
Ferner lobte Weiss das langjährige Engagement der Apothekerschaft der seit nunmehr zehn Jahren bestehenden bundesweiten Initiative „Aktionsplan AMTS“. Dabei seien viele Maßnahmen auf den Weg gebracht worden und die Apotheker hätten hier bedeutende Beiträge geleistet. Mit Blick auf die künftigen Rahmenbedingungen für die Versorgung verwies Weiss auf das E-Health-Gesetz. Damit seien die Weichen gestellt worden, die Chancen neuer Technologien zu nutzen und Möglichkeiten da anzuwenden, wo es für die Menschen am sinnvollsten sei.
In diesem Zusammenhang wies sie auch auf die geplante Einführung des elektronischen Medikationsplans Mitte nächsten Jahres hin. Die Staatssekretärin ließ keinen Zweifel daran, dass Apotheken vor Ort hier aktiv eingebunden werden müssten, denn sie hätten den Überblick der gesamten Medikation von verschreibungspflichtigen und selbst gekauften Arzneimitteln. Auch aus diesem Grund müsste die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur der Apotheken sichergestellt werden. Außerdem nahm Weiss zur PTA-Ausbildung Stellung. In Anbetracht des veränderten Berufsbildes müssten hier Anpassungen vorgenommen werden. Das gemeinsame Ziel bestehe darin, die Kompetenz zu erhalten und die PTA fit für die Zukunft zu machen.
Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, begrüßte die Aktivitäten des BMG, endlich gemäß der klaren Positionierung der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, den Rx-Versandhandel zu verbieten, für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen ausdrücklich. „Die für ein funktionierendes Apothekenwesen notwendige Gleichpreisigkeit, die durch das unsägliche EuGH-Urteil vom Oktober 2016 handstreichartig aufgehoben wurde, muss wiederhergestellt werden“, betonte Preis.
Auch beim Thema Honorierung mahnte Preis dringenden Handlungsbedarf an. Um den gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen, seien Planungssicherheit und verträgliche finanzielle Rahmenbedingungen für Apotheken unabdingbar. Aber lediglich eine einzige Minimalsterhöhung des Honorars von 3 Prozent in nunmehr fast 15 Jahren reichten betriebswirtschaftlich bei immer mehr Mitgliedsapotheken nicht aus, um die stetig gestiegenen pharmazeutischen und regulatorischen Anforderungen sowie stetig steigende Kosten und Personalkosten zu decken“, verdeutlichte Preis mit Nachdruck.
Zusätzlich benötige man weitere neue Elemente der Honorierung zum Beispiel im Bereich des Medikationsmanagements. Dazu müsse im SGB V endlich die Möglichkeit eröffnet werden, dass die Apothekerverbände auf Bundes- und Landesebene rechtssichere Dienstleistungsverträge zum Medikationsmanagement mit den Krankenkassen schließen könnten. Zur von der Staatssekretärin Weiss nochmals seitens der Bundesgesundheitspolitik bekräftigten künftigen aktiven Einbindung der Apotheken beim elektronischen Medikationsplan stellte Preis klar, dass Apotheken dafür eine entsprechende Honorierung benötigten.
Auch dass Minister Spahn angekündigt habe, konkrete Vorschläge zu einer Neuordnung der PTA-Ausbildung und der im Koalitionsvertrag angekündigten Schulgeldfreiheit zu machen, begrüße Preis. Einer entsprechenden Diskussion zu einer Neugestaltung der Ausbildung stelle sich der Berufsstand in aller Offenheit, so Preis. Eins habe dabei aber eine essentielle Bedeutung: Die jetzt schon hohe Qualität der Ausbildung von PTAs dürfe im Interesse der jungen Berufseinsteiger und im Interesse der öffentlichen Apotheken, dem zentralen Tätigkeitsfeld von PTAs, in keinem Fall leiden.
„Die Schulgeldfreiheit ist der richtige Weg, junge Menschen, die sich für den Gesundheitsberuf PTA entscheiden, finanziell nicht gegenüber anderen Berufen, Gesundheitsberufen, zu benachteiligen“ so Preis. In diesem Zusammenhang begrüßte Preis, dass in NRW Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bis zur Umsetzung auf Bundesebene schon vorab ein Förderkonzept zur Erleichterung bei den Schulgeldern für PTAs angekündigt hat.
Zum aktuellen Referenten-Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung, kurz TSVG, habe man über die ABDA schon die Stellungnahme abgegeben. Preis betonte, dass in Bezug auf die Sicherung der Großhandelsmarge, eine Klarstellung erfolgen müsse, um spätere Fehlinterpretationen zu vermeiden: „Handelsübliche Skonti, die für die Einhaltung von Zahlungszielen gewährt werden dürfen, müssen bezogen auf den gesamten Apothekeneinkaufspreis zulässig bleiben“, so Preis. Denn Rabatte und Skonti seien unterschiedlichen Regelungskreisen zuzuordnen und dürften nicht gleichbehandelt werden. Auch bedürfe es noch Klarstellungen im Bereich der Impfstoffausschreibungen.
Preis verwies in seiner Rede auch darauf, wie schwierig es insbesondere in den letzten Wochen für die Apotheken und deren Teams in den Apotheken es mittlerweile geworden sei, die ordnungsgemäße Versorgung mit Arzneimitteln für Patienten sicherzustellen. Nicht enden wollende Lieferprobleme bei Arzneimitteln, von Anaphylaxie-Notfallsets bei Wespenstichen bis Tollwut-Impfstoffen und zahlreichen Rabattpartnern der Krankenkassen, und jüngst Arzneimittelskandale wie Valsartan und Lunapharm erschwerten die Arbeit in den Apotheken in einer oft schon unerträglichen Art und Weise. Man klage nicht, mache sich aber ernsthaft Sorgen über das was da noch kommen kann, wenn hier nicht engagiert gegengesteuert werde.
Preis appellierte an die Politik, dass hier dringender Handlungsbedarf bestehe: „Einem weiter so, dass die Nebenwirkungen von Ökonomisierung und Kommerzialisierung in unserem Gesundheitssystem zu Lasten der Patienten und auf Kosten der versorgenden Apotheken billigend in Kauf nimmt, können wir nicht weiter tatenlos zusehen“, stellte Preis klar. Preis begrüßte, dass Minister Spahn hier in ersten öffentlichen Einschätzungen auch bereits Handlungsbedarf bekundet hatte.
Abschließend wies Preis darauf hin, dass man als Apothekerschaft ein eigenes E-Rezept in die Diskussion und an den Start bringen werde. Dabei wolle man als zentraler Player auf diesem Gebiet mit Unterstützung der Apothekenrechenzentren und Apothekensoftwareanbieter in einem ersten Schritt die Machbarkeit des E-Rezeptes aufzeigen und in einem Modellprojekt zur Anwendung bringen. Dabei seien aus Apothekersicht zwei Punkte besonders wichtig. Das Projekt solle weiterhin mit der Telematik-Infrastruktur der Gematik kompatibel sein und die freie Apothekenwahl für Patienten müsse, wie heute schon gewährleistet, auch weiterhin uneingeschränkt erhalten bleiben.
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