Kürzlich erreichte Michael Hahn, Inhaber der Taunus Apotheke, unvermittelt ein Schreiben von Dagmar Schmidt. Die SPD-Fraktionsvize verteidigt darin die geplante Vergütungsreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Und auch wenn der Brief mit vielen Worten wenig Inhalte transportiert, gibt es vielleicht eine Andeutung, wohin die Reise gehen könnte.
Angesichts des „historischen Defizits“ in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt es laut Schmidt keinen Raum für eine Honorarerhöhung: „Eine pauschale Erhöhung der Apothekenvergütung um 2,7 Milliarden Euro zu fordern, wäre in der aktuellen Finanzsituation nur mit einer weiteren signifikanten Beitragserhöhung für die gesetzlich Versicherten zu stemmen. Die teilweise bestehende Ungleichverteilung der Apothekenvergütung würde dadurch zudem verstärkt. Dieser Ansatz überzeugt uns daher nicht und wäre auch finanzpolitisch aktuell nicht darstellbar.“
Immerhin soll laut Schmidts Ausführungen der Kassenabschlag im kommenden Jahr wieder auf 1,77 Euro sinken. Und mit der Reform wolle man auch „die komplizierte Apothekenvergütung grundsätzlich in den Blick nehmen“, so die SPD-Politikerin. „Denn diese ist zum Teil ungerecht, wenn nur bestimmte Apotheken von den stetig steigenden Preisen innovativer Arzneimittel profitieren. Hier gilt es aus unserer Sicht gerade auch, Honoraranreize für Apotheken an strukturschwachen Standorten zu schaffen und die Vergütung gerechter zu verteilen.“
Ob dies ein konkreter Hinweis darauf, dass es bei Hochpreisern eine Neuregelung geben soll, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. In vielen Apotheken sind die vermeintlich lukrativen Präparaten ohnehin längst unpopulär.
Apotheker Hahn liest aus dem Schreiben tendenziell eher leere Phrasen heraus: „Es steht im Grunde nichts Neues drin. Es wird zwar zum Frühjahr 2024 ein neues Gesetz angekündigt, aber was genau auf uns zukommt, weiß niemand. Die Vorschläge von Lauterbach sind jedenfalls nicht vertretbar“, so der Inhaber. Ihm komme der Brief so vor wie „Honigschmiererei“: „Weitere persönliche Gespräche sind doch vergeudete Zeit.“
Ohnehin kann er sich keinen rechten Reim darauf machen, wie er zu dem Brief eigentlich gekommen ist. „Ich wundere mich über diese Kontaktaufnahme der SPD-Fraktionsvize“, sagt er. „Ich vermute, dies ist eine Reaktion auf meine Frage nach dem Grund ihrer Antihaltung Apotheken gegenüber, die ich auf Facebook mehrfach stellte“, so der Inhaber. Er könnte sich vorstellen, dass das Schreiben nach und nach bei allen Apotheken in Deutschland eintreffen wird.
Schmidt war seit Ende September mehrfach ihrem Parteifreund Lauterbach beigesprungen und hatte etwa gegenüber der „Bild“ massive Kritik an der Honorarforderung der Apotheken geäußert. Diese verdienten im Schnitt gut; 2,7 Milliarden Euro mehr nach dem Gießkannenprinzip seien nicht zu rechtfertigen.
Auch Hahn hatte sich über die Einwürfe geärgert: Über die sozialen Medien hatte er gefragt, wie es zu dieser Positionierung komme: „Sie fand den Wunsch nach mehr Geld überzogen und am Kern des Problems vorbei. Ich habe daraufhin nachgefragt, wie sie zu dieser Ansicht komme“, so Hahn. Wahrscheinlich sei dies auch nicht ihre persönliche Meinung: „Sie hat noch vor kurzem ein Praktikum in einer Apotheke gemacht, sie weiß eigentlich, wie es um die Apotheken vor Ort steht“, so Hahn. Schmidt sei wahrscheinlich das „Sprachrohr“ von Lauterbach.
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