Bundestagsabgeordneter zu Besuch

SPD-Politiker: Viele Baustellen in der Apotheke

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Berlin -

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Brian Nickholz hat sich den Alltag in einer Apotheke angeschaut. Fünf Stunden verbrachte er in der Hermann-Brassert-Apotheke in Marl. Inhaber Niklas Herkenhoff zeigte ihm die Abläufe und Probleme. „Wir können nicht noch effizienter werden, sonst würde die Beratung und persönliche Betreuung der Patienten leiden“, sagte der Apotheker. Der Politiker zeigte für die Forderung nach einer Erhöhung der Vergütung Verständnis.

Die Hermann-Brassert-Apotheke kannte Nickholz bislang nur aus Kundensicht. Seit er ein Kind war, ist ihm der Betrieb ein Begriff. In seinem „Apothekenpraktikum“ schaute er jetzt hinter den HV-Tisch, ging in das Backoffice, begutachtete den Automaten und das Labor. Herkenhoff zeigte ihm, wie viel Technik bereits in der Apotheke steckt, wie viele Prozesse bereits digitalisiert wurden und wie optimiert die Abläufe sind.

Zeitfresser Lieferengpass

Nickholz erlebte, wie zeitaufwendig es für die Mitarbeiter:innen ist, die Patienten zu beraten und im Falle eines Lieferengpasses eine Alternative zu finden. Und Lieferengpässe wie etwa bei Antibiotikasäften seien nach wie vor ein großes Problem. Auch die Sorgen wegen Retaxierungen und die finanziellen Folgen für den Betrieb wurden angesprochen.

Natürlich war die Vergütung ein Thema: „Unsere Vergütung ist staatlich geregelt. Wir können – aus gutem Grund – Kostensteigerungen nicht an den Patienten weitergeben. Unter dem Strich haben wir von der Politik nun seit 20 Jahren keinen Inflationsausgleich mehr bekommen. Trotz hoher Geldentwertung, massiv gestiegener Kosten, Tariflohnsteigerungen und der Zinsentwicklung befinden wir uns auf dem Honorar-Niveau des Jahres 2004“, so Herkenhoff. „Es geht einfach nicht mehr.“

Außerdem wurde die sinkende Apothekenzahl angesprochen. Verschärft werde die Situation zusätzlich, wenn das Bundesgesundheitsministerium seine geplante Apothekenstrukturreform umsetzen sollte, warnte Herkenhoff. Denn diese würde zu weiteren Honorareinbußen und zu einer Verschlechterung der Versorgung führen. „Der Bundesgesundheitsminister will Apotheken ohne Apotheker schaffen, angeblich um die ländliche Versorgung Schwerkranker zu sichern. Umfassende Medikationsberatungen, Impfungen, die Abgabe von Betäubungsmitteln, die Herstellung von individuellen Rezepturen – das alles ist ohne Apotheker aber nicht möglich. Genau diese Leistungen jedoch benötigen insbesondere schwerkranke Patienten.“

Mir ist noch stärker bewusst geworden, wie viele Baustellen es in dieser Branche gibt.

Diese Daseinsvorsorge für die Menschen ist Nickholz den Angaben zufolge ein Anliegen. Der 34-Jährige ist Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. „Die Versorgung der Menschen muss gewährleistet sein. Es ist mein Anspruch, dafür in Berlin zu arbeiten“, sagte er. Für die Forderung nach einer Erhöhung der Vergütung zeigte er Verständnis: „Die Politik hat hier eine Verantwortung.“ Vor allem aber hält er einen Mechanismus für erforderlich, damit die Vergütung regelmäßig an die Inflationsentwicklung angepasst wird: „Die Apotheken brauchen hier Planungssicherheit, nicht zuletzt um Investitionen tätigen zu können.“ Seine Bilanz am Ende des Apotheke-Praktikums: „Mir ist noch stärker bewusst geworden, wie viele Baustellen es in dieser Branche gibt.“

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