Beim Besuch einer Apotheke in Schönebeck in Sachsen-Anhalt hat sich Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) deutlich gegen die Reformpläne ihres Parteifreundes Karl Lauterbach ausgesprochen: Apotheken ohne Apotheker dürfe es nicht geben. Es ist bereits die vierte Gegenstimme unter den Gesundheitsministern und -ministerinnen mit SPD-Parteibuch.
In der vergangenen Woche besuchte die Gesundheitsministerin auf Einladung von Inhaber Carsten Müller gemeinsam mit Landrat Markus Bauer (Salzlandkreises) die St. Jakobi Apotheke in Schönebeck. „Apotheke ohne Apotheker kann und darf es nicht geben. Dafür werde ich mich intensiv einsetzen“, versprach Grimm-Benne.
Zuvor hatten sich bereits Dr. Andreas Philippi (Niedersachsen), Stefanie Drese (Mecklenburg-Vorpommern) und Petra Köpping (Sachsen) gegen diese Pläne ausgesprochen, ebenfalls allesamt SPD-Gesundheitsminister. Köpping hatte sogar die Anrufung des Vermittlungsausschusses versprochen, sollte das Gesetz kommen wie geplant.
Das bisher nur als Referentenentwurf vorliegende Apothekenreformgesetz (ApoRG) aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) verheiße nichts Gutes für die Apothekenlandschaft, so Müller: Die Versorgung der Patienten werde sich deutlich verschlechtern, wenn Apotheke ohne Apotheker Realität werde.
Die Patienten müssten mit erheblichen Leistungseinschränkungen rechnen. Individuell hergestellte Arzneimittel und Notdienste könnten beispielsweise nur noch von den verbleibenden Vollapotheken angeboten werden. „Insbesondere die Bevölkerung im ländlichen Bereich müsste dann viel längere Wege, Wartezeiten und eine eingeschränkte Beratung in Kauf nehmen“, erklärte Müller.
Wie dramatisch die finanzielle Situation der Apotheken inzwischen ist, zeigte der Apotheker, indem er seine Geschäftsbücher öffnete. Unterm Strich komme er in etwa auf das Einkommen eines angestellten Approbierten, aber alle Risiken lägen bei ihm. „Wir brauchen dringend eine Grunderhöhung unseres Fixums. Ich kenne keine andere Berufsgruppe, die 20 Jahre keine Honoraranpassung erhalten hat“, so Müller. Die Kosten seien gestiegen, zumindest ein Inflationsausgleich sei dringend notwendig. „Ansonsten sterben die Apotheken flächendeckend aus“, warnt der Inhaber.
Derzeit stehe das System Apotheke auf der Kippe, so der Inhaber. Er hoffe, dass die Sorgen des Berufsstandes in Berlin beim Bundesgesundheitsminister Gehör fänden. Man werde weiterhin viele Gespräche auf allen Ebenen führen.
Unterstützung erhielt Müller von seinem Berufsstand. Kammervize Dr. Lars-Alexander Mohrenweiser, setzte die bereits im Vorfeld in Magdeburg geführten Gespräche mit der Ministerin fort, um auf die dramatische Situation aufmerksam zu machen. Und Thomas Rößler, stellvertretender Vorsitzender des Landesapothekerverbandes, zeigte auf, dass die wirtschaftlichen Probleme von Tag zu Tag größer werden.
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