Konsens für PTA-Vertretung?

SPD-Fraktionsvize: Vorhaltepauschale für Landapotheken

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Herborn -

Ob bissiges Pressestatement oder verzweifelter Liebe-Freunde-Brief: SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt gehört zu jenen Parteikadern, die in Sachen Apothekenreform die Linie ihres Parteikollegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigen müssen. In Herborn in ihrem Wahlkreis Lahn-Dill in Hessen lud sie am gestrigen Abend zu einer Diskussionsrunde zum Thema. Mit dabei hatte sie Martina Stamm-Fibich, Berichterstatterin für Arzneimittelversorgung.

Eigentlich hatte Schmidt damit gerechnet, dass sich das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) bereits im parlamentarischen Verfahren befindet. „Wir wissen nicht, wann der Gesetzentwurf kommt“, räumte sie ein. Aber sie wolle schon jetzt über den Entwurf diskutieren.

Man habe ohnehin mit vielen Apothekern gesprochen, so Stamm-Fibich in ihrem Eingangsstatement. „Wir wissen, dass wir die Apotheken in der Versorgungslandschaft brauchen“, betonte sie. In der Problemanalyse sei man sich einig, bei den Lösungsansätzen sei man sich uneinig. „Wir können nicht untätig bleiben, wir wissen, wohin die Reise sonst geht“, warnte sie. „Wir sind sicher, dass wir die Reform im parlamentarischen Verfahren mit den drei Parteien hinbekommen“, versicherte Stamm-Fibich.

Werden Skonto heilen

Das Ziel bleibe klar, die Apotheke vor Ort zu stärken. Die schwierige wirtschaftliche Situation der Apotheken ist Stamm-Fibich nach eigenem Bekunden durchaus bewusst: „Glauben Sie uns, wir wissen, wie sich Betriebskosten und Gewinne entwickelt haben. Wir müssen etwas tun“, so Stamm-Fibich. „Wir werden das Skonto heilen“, versprach sie. Denn das Urteil habe die Politik auch getroffen, da man nicht damit gerechnet habe.

Martina Stamm-Fibich, Berichterstatterin für Arzneimittelversorgung, geht davon aus, dass man bei der PTA-Vertretung noch einen Konsens findet.

Eine pauschale Hilfe für alle mit der Gießkanne hält sie aber für den falschen Weg. Die kleinen Apotheken auf dem Land müssten gezielt unterstützt werden, nicht die großen Apotheken in den Metropolen. Große Apotheken erzielten nach wie vor hohe Umsätze, kleine hätten es schwer, profitabel zu bleiben. „Es gibt Apotheken mit Großhandelserlaubnis, mit Versandhandelserlaubnis, es gibt nicht die eine Apotheke. Die Einzelapotheke ist bei mir in der Region eigentlich die Ausnahme.“

Die flächendeckende Versorgung müsse aber gewährleistet sein, der Rückgang dürfe nicht ungebremst weitergehen. „Ich sehe natürlich auch, dass es in den Städten viele Konzentrationen gibt und Apotheker auch Apotheken übernehmen müssen, weil es in einzelnen Stadtteile sonst nicht mehr versorgt sind.“

Über den Vorstoß der Zweigapotheken mit oder ohne Approbierte sei viel diskutiert worden. „Ich glaube, dass sich das im Gesetzgebungsverfahren auflösen wird.“ Sie findet aber den Weg hin zu Telepharmazie richtig: „Telepharmazie für den Apotheker-Patienten-Kontakt gerade in ländlichen Regionen halte ich nicht für schlecht.“

Kritisch sieht sie die neue Regelung, dass Filialen weiter entfernt sein dürfen. „Die räumliche Nähe muss gegeben sein“, so Stamm-Fibich. Außerdem müssten ausländische Fachkräfte leichter in die Versorgung eingebunden werden können. Flexible Öffnungszeiten hätten auch Zuspruch von Apotheken erfahren.

Umverteilung und Honorierung

„Ich glaube nicht, dass Ihre Partei die Apotheken stärken will“, warf ein Apotheker ein. Er könne dem Reformvorhaben nichts Positives abgewinnen. „Ich will nicht gerettet werden, ich will anständig bezahlt werden“, sagte eine Apothekerin. Seit 20 Jahren habe es keine nennenswerte Anpassung des Honorars gegeben, nicht einmal einen Inflationsausgleich, kritisierte ein anderer. Stattdessen sei es durch den Kassenabschlag sogar noch geschmälert worden – obwohl das Apothekensterben damals seit Jahre in vollem Gange sei.

Die geplanten Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen werden für viele Betriebe ein weiterer Todesstoß sein, warnte er. „Die Apotheken brauchen jetzt Soforthilfe“, forderte der Apotheker. Die Absenkung des Prozentsatzes sei eine Frechheit: 3 Prozent seien das Mindeste für die Vorfinanzierung und das Risiko bei Hochpreisern.

„Ich würde gerne verteilen, aber wir haben nicht die Mittel dazu“, so Stamm-Fibich. Die Kassen in der GKV seien leer. „Wir werden im nächsten Jahr die Zusatzbeiträge erhöhen müssen“, prophezeite sie.

Vorhaltefinanzierung für Apotheken

Schmidt bezeichnete die Apotheke vor Ort ebenfalls als eine Notwendigkeit und brachte eine Vorhaltefinanzierung für Regionen ins Spiel, in denen die flächendeckende Versorgung gefährdet ist, analog zu den Krankenhäusern. Wie dieser Einstieg in die Bedarfsplanung aussehen kann, verriet sie nicht.

Allerdings sprach sie sich auch für eine bessere Verzahnung von medizinischer und pharmazeutischer Versorgung aus: „Ich kenne es nicht, dass mein Hausarzt meine Medikamente mit dem Apotheker abstimmt.“ Es gebe im Gesundheitswesen eine mangelnde Zusammenarbeit.

Was die Reform angeht, so handele es sich um einen Referentenentwurf, der noch nicht einmal im Kabinett abgestimmt sei, aber in den Medien schon als Gesetzentwurf dargestellt werde. „Das parlamentarische Verfahren zur Reform hat noch gar nicht begonnen, uns liegt noch kein Gesetzentwurf vor. Erst dann können die Politiker im Parlament Einfluss auf das Gesetz nehmen.“

Man habe viele Reformen vor der Brust, weil politisch in den vergangenen Jahren so viel verschlafen worden sei. „Wenn wir das ganze System mit Haus- und Fachärzten hinbekommen, ist das auch gut für die Apotheker.“

Versandapotheken

Ein großes Streitthema des Abends war der zunehmende Einfluss des Versandhandels. „Das sind Logistiker, keine Apotheker“, so eine Meinung. Die Politik, insbesondere Lauterbach, habe den Versandhandel sogar aktiv unterstützt. „Ohne Not wurde das CardLink-Verfahren sehr schnell durchgepeitscht“, kritisierte ein Apotheker und bezeichnete es als „reines Zugeständnis an die Versender“.

Stamm-Fibich wies darauf hin, dass schon zwei Koalitionen darüber gesprochen hätten, ob ein Rx-Versandhandelsverbot zielführend wäre. Das Scheitern sei nicht nur auf die SPD zurückzuführen. „Ich glaube nicht, dass wir den Versandhandel wieder ganz abschaffen können“, räumte auch Schmidt ein. Eine „politische Bankrotterklärung“, so ein Apotheker.

Mehrere Apotheker wiesen auf die Ungleichbehandlung von Versandapotheken und Präsenzapotheken hin, bei den Lieferzeiten und beim Warenlager. Eine Apothekerin wies darauf hin, dass Versandapotheken oft Rabatte gewähren könnten, was den Vor-Ort-Apotheken aus gutem Grund untersagt sei.

Lieferengpässe

Eine schnelle Lösung für die nach wie vor bestehenden Lieferengpässe bei vielen Arzneimitteln gebe es nicht. „Die Wahrheit ist, dass die Wirkstoffe, die wir nicht mehr in Europa produzieren, auch heute und morgen nicht hier produziert werden“, sagte Stamm-Fibich. Sie räumte ein, dass es schwierig sei, die europäische Arzneimittelproduktion kurzfristig wieder zu stärken. Leidtragende seien oft die Apotheken, die den Patienten erklären müssten, dass bestimmte Medikamente nicht verfügbar seien.

Schmidt und Stamm-Fibich hatten in Herborn zu einer Diskussionsrunde über die Apothekenreform eingeladen.

Impfen und pDL

Stamm-Fibich lobte pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) als wichtige Ergänzung der Versorgung, Apothekerinnen und Apotheker könnten hier einen wertvollen Beitrag leisten. Insbesondere die Medikationsanalyse hob sie hervor: „Das ist eine Chance und kann nur in der Apotheke stattfinden.“ Man müsse darüber sprechen, ob es zu viel Papierkram und zu wenig Personal gebe, „aber das ist die Art der Versorgung, die wir gerne bei ihnen sehen würden“.

Auch das Impfen in der Apotheke wollen die beiden Politikerinnen forcieren, auch wenn die Ärzte dagegen sind. Die Gesundheitsversorgung könne in Zukunft nur durch mehr Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe getragen werden, betonen sie. Doch die Apotheker zeigten sich skeptisch: Zum einen seien die bürokratischen Hürden und der Aufwand zu hoch, zum anderen sei die Vergütung zu gering, um eine spürbare finanzielle Entlastung zu bringen. „Wie oft am Tag soll ich den Blutdruck messen“, fragte ein Apotheker. Außerdem fehle das Personal, weil die Apotheken zu wenig erwirtschaften, um bessere Löhne zahlen zu können.

Noch nicht am Ziel bei Retax

In Sachen Präqualifikation und Retaxation sei „am Ende nicht das herausgekommen, was die Intention von uns Parlamentariern war“. Das sehe auch ihr Kollege Dirk Heidenblut so. „Wir wollten das anders. Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen.“ Ein wenig habe sie aber das Entgegenkommen bereut, weil am nächsten Tag alle Sanitätshäuser bei ihr auf der Matte gestanden hätten und dies auch gefordert hätten. „Im Gesundheitssystem muss man leider sehen, dass keiner dem anderen etwas gönnt.“

Schmidt und Stamm-Fibich betonten zum Ende der Veranstaltung, dass das Feedback der Apotheker sehr wichtig sei. „Wenn uns Dinge beschrieben werden, dann versuchen wir das zu ändern. Wie bei der Präqualifikation: Das habe ich nur mitbekommen, weil es mir ein Apotheker geschildert hat.“

Und weiter: „Wir sind nicht Herr Lauterbach, wir sind das Parlament“, betonte Stamm-Fibich. Die mangelnde Kommunikation der Politik mit den Apotheken war zuvor von mehreren Seiten beklagt worden. Auch die eigene Standesvertretung wurde ins Visier genommen: Alte Strukturen müssten aufgebrochen werden, forderte eine Apothekerin mit Blick auf die Abda.

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