Kommentar

Spahns Tipp ist ein Offenbarungseid

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Berlin -

Wer neue/r Gesundheitsminister/in wird, darüber kann bislang nur spekuliert werden. Jens Spahn (CDU), derzeit noch geschäftsführend im Amt, hinterlässt seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger nicht nur leere Kassen, sondern auch einen guten Ratschlag zur weiteren Digitalisierung des Gesundheitssystems. Das lässt ganz schön tief blicken, kommentiert Alexander Müller.

Dem „Handelsblatt“ hat Spahn Anfang der Woche ein ausführliches Interview gegeben. Wenig überraschend ist, dass der Minister mit seiner Regierungsleistung ganz zufrieden schient. Dass nicht alles geklappt hat, lag natürlich auch an der Pandemie, aber die will Spahn gar nicht als Ausrede benutzen. Wichtige Dinge seien zumindest angestoßen worden.

Damit hat er recht: Bevor Corona über Deutschland hereinbrach, war die Digitalisierung des Gesundheitssystems Spahns Kernthema. Eifrig war sein Ressort auf diesem Feld unbestreitbar, auch wenn Kritiker die fehlende Nachhaltigkeit etlicher Projekte bemängeln. Viel angestoßen, wenig zu Ende gedacht. Und gerade Spahns Unionsfraktion fühlte sich mehr als einmal vom Informationsfluss abgeschnitten oder wenigstens zu spät eingebunden, Transparenz war für Spahn seit jeher ein volatiler Wert.

Zu viel Wert auf Diskretion legen aus Sicht des Noch-Ministers dagegen die Datenschützer an den Tag. Die findet er hierzulande übertrieben streng – und schiebt ihnen im Handelsblatt-Interview die Schuld zu, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens trotz aller Bemühungen steht, wo sie steht. Denn dass es bei großen Projekten wie der elektronischen Patientenakte oder E-Rezept noch reichlich hakt, kann auch der Noch-Minister nicht bestreiten.

Spahn wird auch nach einer Empfehlung für seinen Nachfolger gefragt, wie er die Digitalisierung weiter voranbringen kann. Nun wäre es eigentlich an Spahn gewesen, genau das abzulehnen: kluge Ratschläge zu hinterlassen. Aber auf solche diplomatischen Finessen hat er eben manchmal keine Lust. Daher sein Tipp: „Man muss richtig Lust darauf haben. Wenn es nur ein weiteres Thema ist, was man halt auch noch abarbeiten muss, dann wird es nichts. Und ganz wichtig bei digitalen Vorhaben: Niemals die Antwort ‚das geht so nicht‘ akzeptieren.“

„Dann wird es nichts.“ Weil es ein anderes Thema gibt, in Spahns Fall die Pandemie. Er hat trotzdem versucht, seine Projekte mit Gewalt durchzudrücken. Für die bundesweiten Tests des E-Rezepts bleibt quasi keine Zeit mehr, Spahn wird nicht mehr im Amt sein, wenn andere mit dem Chaos umgehen müssen. Weil er vielleicht einmal ein gut begründetes „Das geht so nicht“ aus Expertenmund nicht akzeptiert hat.

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