Corona-Krise

Spahns Soforthilfen: Kassen jubeln, Kliniken protestieren

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Berlin -

Das Gesundheitswesen befindet sich in der Corona-Krise im Stresstest. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant deshalb umfassende Sofortmaßnahmen. Doch die sind umstritten: Der GKV-Spitzenverband begrüßt sie, die Kliniken protestieren.

Mit Milliardenhilfen für Krankenhäuser will die Bundesregierung die Kliniken in der Coronavirus-Pandemie am Laufen halten. Auch Ärzte und Pflegekräfte sollen unterstützt werden. Das Hilfspaket für Kliniken, Ärzte und Pfleger des Bundes soll in diesem Jahr voraussichtlich rund 3,3 Milliarden Euro umfassen. Von den Kliniken kam heftiger Protest. Außerdem will Spahn in der kommenden Woche schärfere Regeln beim Infektionsschutz durchs Bundeskabinett sowie Bundesrat und Bundestag bringen.

Ausgeglichen werden sollen demnach Einnahmeeinbußen für Krankenhäuser, weil sie Intensivbetten für Coronavirus-Patienten frei machen. Die Ausfälle durch Verschiebung oder Aussetzung planbarer Aufnahmen, Eingriffe oder Operationen sollen durch einen Pauschalbeträge ausgeglichen werden. Bundesgesundheitsminister Spahn sagte der Bild am Sonntag: „Rückwirkend ab letztem Montag gibt es erstmals Geld für leere Betten.“ Für zusätzliche Intensivbetten sollen festgelegte Schwerpunktkliniken einen Bonus bekommen. Die Länder sollen Vorsorge- und Rehaeinrichtungen für die akutstationäre Behandlung Infizierter bestimmen können.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen zeigen sich bereits zufrieden mit dem geplanten Paket. „Der Bundesgesundheitsminister setzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das klare Signal, dass den Kliniken im Kampf gegen die Corona-Epidemie ein umfassender Rettungsschirm aufgespannt werden soll. Die gesetzliche Krankenversicherung unterstützt dies ausdrücklich“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. „Die Kliniken müssen mit der erforderlichen Liquidität versorgt werden, damit sie leisten können, was medizinisch notwendig ist. Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine starke Solidargemeinschaft und steht dafür ein, dass die Kliniken die Finanzmittel bekommen, die sie für die Behandlung der Corona-Patienten brauchen.“

Die Kliniken selbst sehen das Paket weitaus weniger positiv. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte, Spahn breche das Versprechen der Kanzlerin zu einem umfassenden Schutzschirm für die Krankenhäuser. Diese würden im Stich gelassen. Kein Euro solle für die hohen Mehrkosten für Schutzausrüstung fließen, so DKG-Präsident Gerald Gaß. „Die finanziellen Hilfen zur Schaffung der (...) zusätzlichen Intensivplätze sind viel zu niedrig angesetzt.“ Noch deutlicher wurde die Hamburgische Krankenhausgesellschaft: Die Krankenhäuser seien fassungslos über das Auseinanderklaffen politischer Versprechen und der vorgesehenen Umsetzung, heißt es in einer am Samstag verbreiteten Mitteilung des Verbands, der 35 öffentliche und private Krankenhäuser in Hamburg mit 31600 Beschäftigten vertritt.

„Eine erbsenzählerische, kleinkrämerische Erweiterung eines an sich schon dysfunktionalen Finanzierungssystems ist das Gegenteil von dem, was Krankenhäuser jetzt brauchen“, sagte der Vorsitzende Jörn Wessel. „Den Krankenhäusern muss jetzt der Rücken frei gehalten werden, damit sie alle Energie darauf verwenden können, eine gute Versorgung für die nächsten Monate zu organisieren.“ Der Gesetzentwurf gehe nach Auffassung der Krankenhausgesellschaft in die völlig falsche Richtung. Der Sprecher des Krankenkassen-Spitzenverbandes, Florian Lanz, sieht die Lage hingegen positiver: „Die gesetzliche Krankenversicherung steht bereit, damit alles finanziert werden kann, was jetzt für die Versorgung der Corona-Patienten gebraucht wird“, so Lanz.

Auch die Ärzte sollen etwas abbekommen: Honorareinbußen der niedergelassenen Ärzte sollen abgefedert werden. Der überwiegende Teil der Verdachts- und Erkrankungsfälle müsse im ambulanten Bereich versorgt werden, so der Entwurf. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollten Ärzten die zusätzlichen Kosten erstatten. Anderen Ärzten wie etwa in der Augenheilkunde, zu denen nun weniger Patienten gingen, sollten vor zu hohen Honorarminderungen geschützt werden.

Pflegeeinrichtungen wiederum sollen befristet von Bürokratie entlastet und ebenfalls finanziell unterstützt werden. Persönliche Kontakte von Prüfern, Gutachtern und Mitarbeitern von Pflegekassen mit Pflegebedürftigen sollen soweit wie möglich vermieden werden. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Bund und Länder auf, „überzeugende Maßnahmen“ zum Schutz von Pflegebedürftigen gegen das Coronavirus einzuleiten. Stiftungsvorstand Eugen Brysch sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist unverantwortlich, dass der Notfallplan zum Schutz der 800.000 Pflegebedürftigen und 764.000 Beschäftigten aus dem Jahr 2013 immer noch nicht angepasst wurde.“

Auch beim Infektionsschutz plant Spahn Neuerungen: Diejenigen, die noch nach Deutschland einreisen dürfen oder aus Risikogebieten eingereist sind, sollen gesetzlich verpflichtet werden können, über ihre Reiseroute und ihren Gesundheitszustand Auskunft zu geben oder bestimmte „Maßnahmen zu dulden“. Den zuständigen Gesundheitsbehörden soll bei einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wie im aktuellen Fall die Befugnis eingeräumt werden, Kontaktpersonen von Erkrankten anhand von Handy-Standortdaten zu ermitteln, dadurch ihre Bewegung zu verfolgen und sie im Verdachtsfall zu kontaktieren.

Anordnen können soll das Bundesgesundheitsministerium auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Arzneimitteln - etwa wenn bestimmte Medikamente bevorratet werden müssen. Zudem sollen medizinische Fachleute für die Gesundheitsversorgung abgestellt werden können, etwa wenn es in Krankenhäusern zu Personalengpässen kommt.

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