Jens Spahn war schlau genug, nicht zweimal hintereinander nicht zum CDU-Vorsitzenden gewählt zu werden – und trat gar nicht erst an. Er war nur nicht schlau genug, sich nicht doch ins Scheinwerferlicht zu drängeln. Sein Auftritt beim Parteitag war peinlich und entlarvend gleichermaßen, kommentiert Alexander Müller.
Spahn ist jetzt stellvertretender Parteivorsitzender der CDU, das ist fraglos ein Erfolg für den amtierenden Bundesgesundheitsminister. Trotzdem ist er einer der Verlierer des Parteitags. Und er ist nur nicht der größte Verlierer, weil Kandidat Friedrich Merz erneut einen Bewerber-Blackout hatte und anschließend jeden politischen Instinkt vermissen ließ, als er sich auch noch als Bundeswirtschaftsminister ins Gespräch brachte – im aktuellen Kabinett Merkel. So holte sich der mehrfach Gescheiterte heute gleich noch die zweite Klatsche ab, diesmal überbracht von Regierungssprecher Seibert.
Spahn hatte nach seinem dritten Platz bei der Wahl im vergangenen Jahr nicht erneut kandidiert. Wobei es jemand wie Spahn schafft, selbst bei einem Amtsverzicht gierig zu wirken. Und als Hintermann auf dem Tandem von Armin Laschet hat er nur halbherzig mitgestrampelt und zuletzt sogar mit Gewichtverlagerungen versucht, den Kurs selbst zu bestimmen. Wie unbeholfen der Minister jetzt sein parteiinternes Sondieren in der K-Frage in eigener Sache wegnuschelt, war in den vergangenen Tagen die erste Peinlichkeit.
Die weitaus größere folgte heute beim Parteitag, als er die Fragerunde dafür missbrauchte, Wahlwerbung für Laschet und sich zu machen. Fast schon überraschend, dass sich Laschets Gegenkandidaten Merz und Röttgen über dieses üble Foulspiel nicht lauter beschwerten. Spahn hält solche Manöver wohl für pfiffig, merkt aber wie so oft nicht, wenn er überzieht. Man schießt als Adjutant nicht von der Seite, auch nicht mit Platzpatronen.
Dass Laschet am Ende nicht wegen Spahns Auftritt CDU-Vorsitzender geworden ist, sondern trotzdem, zeigt die Wahl der Parteivizes. Die Delegierten haben Spahn das schlechteste Ergebnis aller Stellvertreter aufgetischt und ihm damit klar seinen Platz zugewiesen: in der zweiten Reihe. Für höchste Ämter fehlt Spahn schlicht das Format. Egal, ob er im Bundestag eine Merkel-Rede über Verantwortung in der Corona-Krise hält oder mit der „Bunte“ über seinen Katholizismus spricht – er ist allzu offensichtlich der gelernte Parteipolitiker.
Aus dem Rennen ums Kanzleramt hat er sich mit seinem Auftritt fürs erste verabschiedet. Dazu passt die nächste Veröffentlichung im heutigen Spiegel über Spahn und seine Masken-Einkaufspolitik. Verdächtig, weil vollkommen intransparent. Wie bei seinen Immobilien. Wie bei seinen Seilschaften. Spahn kann nicht Kanzler.
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