Digital Health Congress

Spahn: TI-Zwangsanschluss muss auch etwas bringen

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Berlin -

In Berlin trifft sich derzeit die digitale Gesundheitsbranche auf Einladung des Digitalverbandes Bitkom. Bei der Digital-Health-Conference stellen Unternehmen vom Start-up bis zum Weltkonzern ihre Konzepte und Visionen vor, nicht zuletzt gab sich auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Ehre. Für Spahn war es ein Heimspiel, schließlich hat kein Gesundheitsminister vor ihm die Branche derart befeuert – und derart ihre Rahmenbedingungen neu festgezurrt.

So rannte der 39-Jährige auch offene Türen ein, als er seine Digitalpolitik vor den anwesenden Branchenvertretern verteidigte und ihnen ins Gewissen redete, Deutschland endlich aus der Rolle des digitalen Entwicklungslandes zu führen. „Ich will, dass wir den Anspruch haben, vorn zu sein“, so Spahn. Die aktuell neu aufgeflammte Debatte um die mögliche Beteiligung des chinesischen Tech-Riesen Huawei beim Auf- und Ausbau des 5G-Netzes sei dafür typisch. „Eigentlich müsste die Frage lauten, warum wir diese Technologie nicht selbst zur Verfügung haben“, so Spahn. Daran, dass Deutschland so weit zurückliegt, sei auch die hiesige Mentalität verantwortlich, insinuiert er, indem er die Kritik an seiner Politik zu erwidern versucht.

So habe ihn die aktuelle Debatte um die Nutzung von Versichertendaten zu Forschungszwecken sehr geärgert. Seine Kritiker hätten dabei nämlich auf arg dünnem Eis gestanden. Es habe ihn frustriert, dass selbst Professoren sich öffentlich dazu geäußert haben, ohne im Bilde zu sein, dass es sich lediglich um Abrechnungs- nicht Behandlungsdaten handele. Die würden auch jetzt schon mit einer Wartefrist von vier Jahren zur Versorgungsforschung herangezogen – er wolle lediglich die Frist streichen und „den Datenkranz etwas erweitern“, so Spahn. Dabei würde nicht allzu oft vergessen, wozu die Daten gebraucht werden sollen – nämlich die Gesundheitsversorgung zu verbessern. „Man kann über die Ethik von Datennutzung streiten. Man kann aber auch über die Ethik von Datennichtnutzung streiten!“

Dass die Debatte entweder an mangelndem Fachwissen der Beteiligten oder deren Heuchelei leidet, machte Spahn an einem Beispiel fest: Eine Woche vor Beginn des Streits um die Forschung mit Versichertendaten hatte Google den Smartwatch-Hersteller Fitbit gekauft. Kritisiert hatte das damals niemand. „Viele von denen, die jetzt das Digitale-Versorgung-Gesetz kritisieren, tragen selbst so ein Armband“, so Spahn. „Und was kam von denen? Niente!“ Und das, obwohl es sich bei Fitbit tatsächlich um Gesundheitsdaten handele, die anders als in der GKV zu einem globalen Internetkonzern gehen, der sie mit Suchanfragen und anderen Informationen über den Anwender koppelt und so Profit aus ihnen macht.

Statt Kritik an die falsche Adresse zu richten, so Spahns Tenor, sollten sich Heilberufler auf die aktuellen Entwicklungen einlassen, statt sich in ihrem Berufsethos verletzt zu fühlen. Wir müssen es hinbekommen, dass die Ärzte es nicht mehr als Kränkung empfinden, wenn eine KI ein MRT genauer beurteilen kann als sie selbst nach 12 Jahren Studium und Fachausbildung.“ Die Gefahren, die digitale Disruptionen mit sich bringen, würden dabei vor allem aus falscher Handhabung denn aus systemischen Fehlern resultieren. Allzu gehe es in Datenschutzdebatten vor allem um Datensicherheit, nicht um Datenschutz. Darauf müsse sich auch das Gesundheitswesen einstellen.

Ebenso einstellen müssten sich Heilberufler darauf, dass die technische und darauf aufbauend rechtliche Entwicklung weitergeht und sie sich ständig anpassen müssen. „Es geht heutzutage nicht mehr, dass der Großcousin des Praxisinhabers nebenbei die IT-Sicherheit macht“, so Spahn. Sein Ministerium lebe das vor – deshalb gebe es auch nicht das eine Digitalisierungsgesetz, sondern ständige Anpassungen in fast allen Gesetzen, die sein Haus bisher auf den Weg gebracht hat.

Er sich natürlich bewusst, dass er Verständnis dafür nur erhalte, wenn die Digitalisierung auch etwas zum Besseren wendet, sein Beispiel: Der Zwangsanschluss an die Telematikinfrastruktur sei nicht zu verkaufen, wenn im Anschluss zwei Jahre lang keine nützliche Anwendung über sie laufe. Doch die Heilberufler müssten sich auch auf die Möglichkeiten einlassen. „Bis heute lächeln Ärzte oft müde, wenn ich ihnen von den Möglichkeiten der Telemedizin vorschwärme“, so Spahn. Doch Spahn selbst hat die Abrechnungsfähigkeit von Videosprechstunden ins Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung schreiben lassen. Damit seien die Karten auch dort neu gemischt worden, denn: „Im deutschen Gesundheitswesen kommt nichts wirklich zum Laufen, das keine Abrechnungsziffer hat.“

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