Geplante Honorarreform

Spahn streicht Großhandelsrabatte zusammen

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Berlin -

Im Herbst will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Gesamtpaket zur Reform der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) und eine Lösung für den Versandhandel präsentieren. Die Honorarreform könnte die Apotheker vor allem indirekt treffen – mit einer massiven gesetzlichen Kürzung der Großhandelsrabatte.

Offenbar plant Spahn eine größere Umverteilung zwischen den Handelsstufen. Ein Hebel ist dabei das Großhandelshonorar. Derzeit bekommen die Lieferanten der Apotheken einen Zuschlag von 3,15 Prozent, gedeckelt bei 37,80 Euro, sowie einen Festzuschlag von 70 Cent.

An dieser Systematik soll sich zwar nichts ändern, dennoch könnten Anpassungen gravierende Folgen haben. Denn dem Vernehmen nach soll die Fixpauschale pro Packung angehoben und der variable Teil des Honorars gesenkt werden. Das Plus beim Fixum könnte 160 bis 170 Millionen Euro betragen, heißt es.

Der entscheidende Teil für die Großhändler – und ihre zentrale Forderung seit einem halben Jahr: Die Fixpauschale soll gesetzlich von der Rabattierung ausgeschlossen werden. Die Großhändler dürften dann nur noch aus dem – dann gekürzten – variablen Teil ihrer Vergütung Einkaufsvorteile an die Apotheken weitergeben. Wenn es so kommt, wäre der Großhandel ein Gewinner der Reform.

Der Gesetzgeber würde damit eine Klarstellung vornehmen und gewissermaßen die Gesetzeslücke schließen, auf die der Bundesgerichtshof (BGH) im Herbst im Skonto-Prozess hingewiesen hatte. Die Karlsruher Richter hatten am 5. Oktober 2017 entschieden, dass Großhändler ihre gesamte Marge den Apotheken als Rabatt zur Verfügung stellen dürfe, also auch das Fixum. Hätte der Gesetzgeber den Großhändlern eine garantierte Marge zusichern wollen, hätte er dies klar ins Gesetz schreiben müssen und nicht nur in die Begründung, so die vereinfachte Zusammenfassung des Urteils. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) legt laut BGH nämlich „lediglich eine Preisobergrenze und nicht auch eine Preisuntergrenze fest“.

Für die Großhändler war das Urteil ein schwerer Schlag, zumal das Gerichtsverfahren aus ihren Reihen initiiert worden war, um Skonti zu begrenzen. Der Großhandelsverband Phagro hatte den Gesetzgeber unmittelbar nach dem Urteilsspruch zum Handeln aufgefordert: „Mit der gestrigen Entscheidung des BGH, die Großhandelsspanne und damit auch den Festzuschlag von 70 Cent für vollumfänglich rabattierfähig zu erklären, wird § 2 der Arzneimittelpreisverordnung völlig sinnentleert“, so Verbandschef Dr. Thomas Trümper. Das Urteil öffne dem Direktvertrieb und einem ungleichen Wettbewerb Tür und Tor.

Wenn der Gesetzgeber die Fixpauschale jetzt tatsächlich einfriert und gleichzeitig den variablen Teil des Großhandelshonorars reduziert, läuft das für viele Apotheken auf eine Kürzung ihrer Einkaufskonditionen hinaus. Und genau das scheint Wille des Gesetzgebers zu sein. Getroffen werden sollen – so die Überlegungen im Gesundheitsministerium – vor allem die großen Apotheken, die heute höhere Rabatte vom Großhandel einstreichen.

Allerdings war auch in der Vergangenheit eine solche Kontrolle der Handelsstufen durch den Gesetzgeber nur schwer umzusetzen, weil der Markt eigenen Regeln folgt. Das war bei dem 2010 beschlossenen Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) der Fall, als die Großhandelsmarge auf das Kombimodell umgestellt wurde, allerdings erst ab 2012. Für das Jahr 2011 sollte ein zusätzlicher Großhandelsabschlag von 0,85 Prozent eine entsprechende Einsparung bringen. Doch diese Kürzung wurde von den Großhändlern weitgehend an die Apotheken durchgereicht, die zusätzlich einen erhöhten Kassenabschlag zu schultern hatten. Die Stimmung zwischen Apothekerschaft und den Großhändlern war damals nahe dem Gefrierpunkt.

Im Herbst könnte das Verhältnis wieder auf die Probe gestellt werden. Denn die Großhändler dürften ihrerseits Schwierigkeiten haben, ihre diversen Sonderzuschläge und Gebühren gegenüber den Apothekern zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber die Honorarverteilung strenger regelt als heute.

In diese spannende Phase wird der Phagro vermutlich unter neuer Führung gehen: Ab September wird nach Informationen von APOTHEKE ADHOC der derzeitige Justiziar Thomas Porstner den Verband als Geschäftsführer führen. Bernadette Sickendiek geht nach mehr als 20 Jahren beim Großhandelsverband in Rente. Doch Porstner ist ebenfalls ein erfahrener Mann, der vor seinem Wechsel zum Phagro im Jahr 2011 schon für Pro Generika und den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sowie als Referent für die CDU im Bundestag tätig war.

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