„Spahn sollte sich um seinen Job kümmern“ dpa/APOTHEKE ADHOC, 07.04.2018 15:03 Uhr
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hat sich unzufrieden mit dem Start der großen Koalition gezeigt und die Minister Horst Seehofer (CSU) und Jens Spahn (CDU) scharf attackiert. Diesen gehe es „viel zu sehr um Eigenprofilierung“, sagte die designierte SPD-Vorsitzende den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Samstag). „So kann es nicht weitergehen.“
Mit Blick auf die Kabinettsklausur in der kommenden Woche forderte Nahles: „Es müsste langsam mal ein Bild von dieser Regierung entstehen: Sie muss trotz aller Unterschiede gemeinsam für dieses Land arbeiten.“ Sie erwarte von der Klausur in Meseberg vor den Toren Berlins einen klaren Fahrplan für die nächsten zwölf Monate. „Vornehmste Aufgabe der Kanzlerin ist es nun, das Regierungsgeschäft ans Laufen zu bekommen.“
Innenminister Seehofer hatte mit seinem Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ein hitzige Debatte entfacht. SPD-Kritik gibt es auch an seinem Gesetzentwurf zum Familiennachzug von Flüchtlingen. Gesundheitsminister Spahn hatte mit scharfen Äußerungen zu Schwangerschaftsabbrüchen und mit seiner Forderung nach mehr „Recht und Ordnung“ für Wirbel gesorgt.
An seine Adresse sagte Nahles: „Und bevor der Gesundheitsminister Spahn in oberschlauen Interviews die innenpolitischen Zustände in Deutschland schlechtredet – das Innenressort besetzt übrigens seit 13 Jahren die Union –, sollte er sich um seinen eigentlichen Job kümmern. Mitarbeiter, die große Reden schwingen, aber ihre Arbeit nicht erledigen, nerven die Kollegen und bekommen im wahren Leben Ärger mit dem Chef.“
Derweil wurde ein Spahn-Grußwort bei einem Treffen Unions-interner Kritiker von Kanzlerin Angela Merkel mit viel Beifall aufgenommen. Der Chef der konservativen Werte-Union, Alexander Mitsch, verlas das Schreiben am Samstag im badischen Schwetzingen. Die Union brauche Kreise wie die Werte-Union und die Besinnung auf einen klugen liberalen Konservatismus, betont Spahn in dem Grußwort. „Wenn wir reden und handeln in einer Haltung, die breite, sich bürgerlich fühlende Schichten zuletzt oft schmerzlich vermisst haben, dann können wir die AfD überflüssig machen.“
Zu Beginn der Woche hatte Spahn in der „Neuen Zürcher Zeitung“ beklagt, der Staat habe in den vergangenen Jahren nicht mehr ausreichend für „Recht und Ordnung“ sorgen können. „Schauen Sie sich doch Arbeiterviertel in Essen, Duisburg oder Berlin an. Da entsteht der Eindruck, dass der Staat gar nicht mehr willens oder in der Lage sei, Recht durchzusetzen“, sagte der CDU-Politiker. FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf Twitter: „Spahn sorgt sich um 'Recht und Ordnung'. Ich sorge mich um seine Erinnerung“ – die Union stelle seit 2005 den Bundesinnenminister.
Grüne und Linke warfen Spahn vor, seine eigentlichen Aufgaben zu vernachlässigen. Vom Gesundheitsminister erwarte er, „dass er die Missstände in seinem Verantwortungsbereich anpackt und nicht täglich eine neue Sau durchs Dorf treibt oder sich als Grenzposten profiliert“, schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, auf Twitter. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt postete: „Man sollte dem Jens #Spahn endlich eine Aufgabe geben, bei der es richtig viel zu tun gibt für die Bürgerinnen und Bürger des Landes: Minister für Gesundheit und Pflege zum Beispiel. Macht gerade keiner.“
Auch Merkel distanzierte sich vom Interview. „Bei der Äußerung von Bundesminister Spahn handelt es sich um einen persönlichen Debattenbeitrag des Ministers, den wir nicht weiter kommentieren“, sagte ein Regierungssprecher der Bild-Zeitung. Solche „Rüffel“ für Kabinettsmitglieder gibt es nicht so häufig.