Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Vergabe von Boni und Rabatten durch ausländische Versandapotheken begrenzen. „Der bisherige Wildwest-Wildwuchs mit Rabatten und Boni ist nicht haltbar“, sagte Spahn in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“. Er könne gut verstehen, dass die Apotheker diesen Wettbewerb unfair fänden.
Auf die Frage nach dem politischen Schicksal des Rx-Versandverbotes antwortete Spahn, es gehe um die Stärkung der Apotheken vor Ort. „Da ist das Versandhandelsverbot ein Aspekt. Wir haben den Auftrag, ein solches Verbot rechtsfest zu prüfen.“ Es sei gerade sieben Monate im Amt und habe sich bislang auf Pflege, auf ärztliche Versorgung, das Versichertenentlastungsgesetz konzentriert. In den nächsten sechs Monaten gehe es um sichere Arzneimittelversorgung. Das reiche von Konsequenzen aus den Skandalen um Blutdrucksenker und Krebsmedikamente bis zum Versandhandel. Fast wortgleich hatte sich Spahn so auch auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) geäußert.
Er können „sehr gut nachvollziehen“, dass die Apotheker den Wettbewerb mit Versandapotheken unfair finden: „Der bisherige Wildwest-Wildwuchs mit Rabatten und Boni ist nicht haltbar. Jetzt geht es darum, wie stark wir das rechtlich einhegen können“, so Spahn weiter. Gleichzeitig solle das Wissen der Pharmazeuten vor Ort besser genutzt werden – bei der Therapiesicherheit, in der Prävention.
„Ich kann mir auch Grippeimpfungen in Apotheken vorstellen. Oder eine bessere Honorierung von Nacht- und Notdiensten“, so Spahn im Tagesspiegel. Im Moment verdienten die Apotheker ja nur mit der Arzneiabgabe: „Wir müssen auch denen ein Überleben sichern, die keine ärztliche Spezialpraxis um die Ecke haben und teure Krebs- oder HIV-Medikamente verkaufen können.
Spahn rechtfertige die angekündigte Erhöhung des Pflegebeitrags um 0,5 Prozentpunkte: Sonst laufe die Pflegekasse schon dieses Jahr in ein Defizit von mindestens drei Milliarden Euro. Es profitierten deutlich mehr Menschen von den Verbesserungen der letzten Jahre als ursprünglich gedacht – etwa Demenzkranke und deren Angehörige. Außerdem sollten durch bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen mehr Pflegekräfte gewonnen werden. Das koste Geld.
Auf der anderen Seite nutze die Bundesregierung alle Möglichkeiten zur Entlastung. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinke stärker als geplant. In der gesetzlichen Krankenversicherung würden Arbeitnehmer und Rentner spürbar durch die Parität entlastet und auch beim durchschnittlichen Zusatzbeitrag „können wir dort noch mal um 0,1 Punkte runter“. Insgesamt werde jeder Arbeitnehmer so im kommenden Jahr mehr Netto vom Brutto haben als 2018.
Nach 14 Jahren der Blockade bei der elektronischen Gesundheitskarte sorge er für Tempo bei der Digitalisierung, das „ist das auch bitter nötig“, so Spahn. Die Selbstverwaltung habe sich gerade verpflichtet, endlich die dafür nötigen Grundentscheidungen bis Ende 2018 zu treffen. Er sei froh, dass einzelne Kassen bereits eigene Digitalkonzepte entwickelt hätten, dadurch gehe es wenigstens ein bisschen voran. „Wichtig ist jetzt, dass wir zügig den Rahmen setzen, damit sich das nicht auseinanderentwickelt und jeder nur noch seins macht“, so Spahn. Die Patientenakte könne je nach Krankenkasse unterschiedlich gestaltet sein. Man müsse aber sicherstellen, dass alle miteinander kommunizieren und Daten austauschen könnten. Wer auf seine Patientenakte auch per Smartphone Zugriff haben wolle und nicht nur in der Arztpraxis mit Gesundheitskarte, müsse „etwas weniger Sicherheit“ hinnehmen wie beim Online-Banking. Spahn „Das finde ich in Ordnung, solange jeder das für sich entscheiden kann.“
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