Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat am ersten Arbeitstag eine wichtige Personalentscheidung getroffen: Der ehemalige Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, soll neuer Pflegebevollmächtigter des Bundes werden. Bis letzten Sommer hatte das Amt der neue NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) inne. „Wenn das Ihre Unterstützung findet, werde ich das dem Kabinett vorschlagen“, kündigte Spahn auf dem Deutschen Pflegetag in Berlin an.
„Ich könnte hier eine Rede halten, dass Sie alle auf den Stühlen stehen“, reagiert Spahn im Laufe seiner ersten Rede, als kritische Unruhe im Saal aufkommt. „Ich will und kann Ihnen nicht das Paradies versprechen, aber ein Angebot zur Zusammenarbeit machen.“ Er brauche einen neuen Pflegebevollmächtigten des Bundes, setzt Spahn fort. Der komme „aus der Szene, Sie kennen ihn und er kennt sich aus und weiß, was Sie beschäftigt.“
Als Spahn den Namen Westerfellhaus in den Saal ruft, stehen sie dann doch alle auf und jubeln ihm zu. Wer solche Geschenke verteilt, erwartet den Applaus. Den holt sich Spahn beim deutschen Pflegetag ab. Die Medien sind da, die TV-Kameras laufen, die Inszenierung ist gelungen. Die Personalie Westerfellhaus könnte sich für Spahn aber darüber hinaus als geschickter Schachzug erweisen: Der neue Pflegebeauftragte war acht Jahre lang als Pflegerats-Präsident eine einflussreiche Stimme der Pflegebranche. In der Szene gilt er als der „Vater“ des Deutschen Pflegetages. Seine Meinung hat Gewicht. Und Spahn weiß, dass ihm die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verbesserung der Situation der Pflegekräfte noch viel Ärger eintragen kann. Westerfellhaus soll die Kritik auf sich ziehen.
Es geht um Bezahlung, um die Ausbildung und um Personalschlüssel. „Sie drohen die Freude an Ihrem Beruf zu verlieren“, sagt Spahn mit Blick auf die zahlreichen aktuellen und drängenden Probleme der Pflegebranche. Schon in der nächsten Woche will Spahn die wegen der langen Regierungsbildung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) liegen gebliebene Verordnung zur Ausbildung von Pflegekräften auf den Weg bringen.
Die Pflege sei eines der „ganz großen Themen“ seiner Amtszeit, wiederholt Spahn. Er verstehe auch die Emotionen in der Debatte: „Ich bekomme ja mit, was los ist.“ Jeden Tag pralle bei der Pflege in Kliniken, Heimen und zu Hause das „pralle Leben“ aufeinander. Aber das Klagen über die Zustände bringe niemanden weiter. „Lassen Sie uns darüber reden, was wir besser machen können.“ Ziel sei eine bundesweite Tarifvereinbarung zur Bezahlung der Pflegekräfte. Weil es in der Pflege aber viele kirchliche Träger gibt, ist das nicht so leicht umsetzbar.
Auch beim Thema Personalbemessung will Spahn vorankommen, aber anders als es sich viele Pflegeverantwortliche wünschen. Der neue Gesundheitsminister will nicht alles staatlich regeln. Der Wettbewerb zwischen den Trägern müsse weiterhin in deren betrieblicher Verantwortung bleiben, sagt Spahn. Wettbewerb müsse auch hier für Effizienz sorgen. Das gefällt nicht allen.
Ein Pflege-Personalschlüssel könne nur die Personaluntergrenze definieren: „Über eine Ideal-Bemessung werden wir uns nie einig.“ Als Murren im Saal aufkommt, reagiert Spahn: „Ich bin ja bei Ihnen, aber das alles ist nicht mal eben so gemacht. Ich muss Gesetze machen. Dazu gehört Mut, zu entscheiden.“
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