Nicht nur aus Valsartan und Lunapharm, sondern auch aus dem Zyto-Skandal von Bottrop will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Konsequenzen ziehen. Nach dem geplanten Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sollen Zyto-Apotheker ab 1. Januar 2020 nicht mehr an hochpreisigen Medikamenten verdienen und häufiger kontrolliert werden.
Nach Spahns Plänen soll für die Zubereitung von Sterilrezepturen künftig ein fester Arbeitspreis von 110 Euro abgerechnet werden können. Das ist eine deutliche Erhöhung, bisher liegt der Betrag je nach Produktgruppe etwa bei 81 Euro (Zytostatika) oder 71 Euro (Antikörper). Allerdings sollen die Kassen anstelle des Listenpreises abzüglich Abschlag künftig nur noch den tatsächlichen Einkaufspreis bezahlen. Geplant sind in diesem Zusammenhang einheitliche regionale Rabattverträge für alle Kassen.
Mehrausgaben von rund 120 Millionen stehen laut BMG Einsparungen von rund 300 Millionen Euro gegenüber. Demnach könnten im Bereich der Sterilherstellung die Kassen um 180 Millionen Euro entlastet werden.
Außerdem sind mehr unangemeldete Kontrollen geplant. In der in dieser Woche veröffentlichten Urteilsbegründung zum Zyto-Skandal hatte das Landgericht Essen erklärt, dass dem Pfusch-Apotheker Peter Stadtmann die Taten „durch mangelnde Aufsicht der Behörden leicht gemacht worden“ sind. Über mindestens fünf Jahre hinweg soll der Inhaber der Alten Apotheke in Bottrop Sterilrezepturen für schwer kranke Patienten gestreckt haben, um sich, wie es im Urteil heißt, „selbst ein Luxusleben zu finanzieren und sich in seiner Heimatstadt als Gönner und Wohltäter aufzuspielen“.
Im Nordrhein-Westfalen hatte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei einem Treffen mit den Opfervertretern des Bottroper Zyto-Skandals ein umfassendes Maßnahmenpaket für intensivere Apothekenkontrollen vorgestellt. Alle Schwerpunktapotheken, die Injektions- und Infusionsarzneimittel wie Zytotstatika herstellen, werden künftig mindestens einmal jährlich unangemeldet Proben aus der laufenden Produktion gezogen und amtlich untersucht. Wenn das im Einzelfall nicht möglich ist, können dann auch Rückläufer gezogen werden.
Dasselbe gilt für die Revisionen: In allen Apotheken mit Schwerpunkt auf der Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung sowie mit Schwerpunkt im Bereich des patientenindividuellen Stellens und Verblisterns von Arzneimitteln wird künftig alle zwei Jahre eine unangemeldete Vollrevision durchgeführt. Das alles gelte ausdrücklich für die anlassunabhängige Überwachung. „Soweit ein Anlass vorliegt (zum Beispiel Patientenbeschwerden/Auffälligkeiten), kann die Kontrollfrequenz erhöht werden“, so das Ministerium.
In jeder Offizin zwischen Rhein und Ruhr künftig einmal im Jahr unangekündigte Personalkontrollen statt. Dabei soll die Anwesenheit von ausreichend pharmazeutischem Fachpersonal in allen Bereichen der jeweiligen Apotheke geprüft werden, kündigt das Ministerium an. Demzufolge entwickeln die nordrhein-westfälischen Apothekerkammern zudem im Moment ein Konzept zur Überprüfung der Warenein- und -ausgänge.
Spahns Gesetz enthält weitere Regelungen, die im Zusammenhang mit der Sicherheit von Arzneimitteln stehen. Damit werden Konsequenzen aus Lunapharm und Valsartan, aber auch dem Fall des Heilpraktikers Brüggen-Bracht gezogen. Man werden konkrete Regelungen verändern, hatte Spahn bereits im Oktober auf Facebook angekündigt. „Einen Arzneimittelrückruf können wir – selbst mit Erkenntnissen wie bei Valsartan – gar nicht starten von Bundesebene, das können nur 16-mal die Länder jeweils.“ Deswegen prüfe man, inwieweit Gesetzesänderungen nötig seien, damit das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Bundesoberbehörde künftig „schneller agieren“ könne.
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