Mehr Kontrollen, weniger Vergütung

Schnelltests: Spahn will weniger als 10 Euro zahlen

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Berlin -

Die überall aus dem Boden schießenden Testzentren stehen in der Kritik. Es geht um Abrechnungsbetrug. Bis zu 18 Euro kann ein Testzentrum pro durchgeführten Abstrich abrechnen. Dieser Betrag soll nun sinken – auf eventuell unter zehn Euro kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Sonntag in der ARD an. 

Nach Recherchen von Süddeutsche Zeitung (SZ), NDR und WDR sollen in Corona-Teststellen vielerorts deutlich mehr Tests bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet worden sein als tatsächlich durchgeführt. Diesem Thema musste Spahn sich in der ARD-Sendung Anne Will am Sonntagabend stellen. Strengere Kontrollen und eine abgesenkte Vergütung sollen dem Abrechnungsbetrug künftig einen Riegel vorschieben, so Spahn. Da die Marktpreise gesunken seien, sei eine angepasste Vergütung von unter 10 Euro pro Test angemessen.

Der Abrechnungsbetrug wird dadurch möglich, dass die Testverordnung eindeutig regelt, dass keine Daten, die in Bezug zur getesteten Person stehen, übermittelt werden dürfen. Die Teststellen melden lediglich die Anzahl der durchgeführten Tests. Laut SZ-Recherchen liegen Meldungen von 25.000 Tests ohne einen einzigen positiven Befund vor. Auch bei niedrigen Inzidenzzahlen sei dieses Ergebnis sehr unwahrscheinlich.

Spahn sieht vor allem die Gesundheitsämter in der Pflicht: „Wer kann das denn überhaupt machen? Wer soll das denn kontrollieren? Und am Ende kann es nur der, der es beauftragt. Und die Teststellen und Testzentren werden von den zuständigen Behörden vor Ort beauftragt und es wird über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet.“ Zur nachträglichen Kontrolle verweist der Bundesgesundheitsminister auf die tatsächlichen Sachkosten. „Das kann man ja nachweisen und gegenhalten gegen das was abgerechnet worden ist.“ Diese Kontrolle ließe sich auch im Nachhinein noch durchführen.

Marktsituation senkt die Preise

„Wir werden jetzt nochmal eine genaue Analyse machen“, kündigte Spahn an. Es gebe jetzt Tests für zwei bis drei Euro, dementsprechend müsste die Vergütung abgesenkt werden. Diese marktangepasste Vergütung spielte bereits im Frühjahr bei der Abgabe der FFP2-Masken eine Rolle. Auf einen genauen Preis legte sich Spahn nicht fest, er rechne damit, dass es „irgendwo zwischen drei oder vier Euro sein werden, die im Moment maximal abrechenbar sind“. Der genaue Preis für die Dienstleistung soll im Laufe der Woche festgelegt werden. „Ich möchte einen Unterschied zwischen medizinischem und nicht-medizinischem Personal machen. Heute sind es 12 und 15 Euro. […] Es wird unter zehn Euro sein,“ so Spahn.

Über den Betrugsverdacht soll heute gemeinsam mit den Gesundheitsministern der Länder beraten werden. Spahn strebt strengere Vor-Ort-Kontrollen an. Es soll unter anderem überprüft werden, ob die Räumlichkeiten zur Durchführung der Tests geeignet sind. Durchgeführt werden sollen die Kontrollen durch die Gesundheitsämter.

Apotheken erhalten aktuell nach der Coronavirus-Testvererordnung (TestV) 12 Euro je Test, dazu kommen 6 Euro für die konkret entstandenen Beschaffungskosten. Dieser Betrag wurde bereits gekürzt und lag vor April bei maximal 9 Euro. Für die Abstrichnahme für den PCR-Test können ebenfalls 12 Euro je Test abgerechnet werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen behalten sich 3,5 Prozent der Leistungsvergütung (ab Juni 2 Prozent) als Verwaltungskosten ein.

Es bestehen laut Abda keine gesetzlichen Pflichten zur namentlichen Dokumentation der in der Apotheke durchgeführten PoC-Antigentests oder der entnommenen Abstriche für die PCR-Testung. Aus Datenschutzgründen seien die Daten des Getesteten im Falle eines negativen Schnelltests unverzüglich zu löschen. Um eventuelle Rückfragen der Behörde zu klären, seien die Daten im Falle eines positiven Ergebnisses nach spätestens 4 Wochen zu löschen. Die Abda empfiehlt, zumindest die Anzahl der durchgeführten PoC-Antigentests auf Sars-CoV-2 sowie die durchgeführten Abstrichentnahmen für die weiterführende PCR-Diagnostik zu dokumentieren.

Einzelne Bundesländer stockten die Vergütung bei der konkreten Umsetzung auf, um das Angebot attraktiver zu machen. In Nordrhein-Westfalen entschloss man sich beispielsweise zu einer monatlichen Pauschale in Höhe von 1000 Euro. Diese „Sockelfinanzierung“ werde von den Gesundheitsbehörden an die Träger der Teststellen ausgezahlt, hieß es. Die Apotheke muss das Testzentrum dafür unter anderem mindestens 20 Stunden pro Woche anbieten, Wochenenden eingeschlossen. In Bayern finanziert die Landesregierung für die Durchführung eines Antigen-Schnelltests mit einem Plus 3 Euro – also 15 Euro pro Test. Genauso wird es in Sachsen-Anhalt gehandhabt.

 

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