Spahn: Lieber fair als Rx-Versandverbot APOTHEKE ADHOC, 18.07.2018 11:16 Uhr
Lange hat die Apothekerschaft auf klare Aussagen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewartet. Jetzt hat sich Span für sein erstes Interview zum Apothekenmarkt die Apotheken Umschau ausgesucht. Zum heiklen Thema Rx-Versandverbot gibt es aber nach dem Vorabbericht allerdings immer noch keine Klarheit. Nur soviel: Es ist für Spahn nur die letzte Lösung. Fairer Wettbewerb geht vor.
Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe der Apotheken Umschau im Wortlaut noch nicht veröffentlicht. Es gibt zurzeit nur eine zusammenfassende Mitteilung des Wort und Bild Verlags mit ausgewählten Zitaten. Angesprochen wurde im Interview natürlich auch das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016: Seitdem fürchten deutsche Apotheken eine starke Benachteiligung durch Dumpingpreise ausländischer Versender.
Sie fordern von der deutschen Regierung deshalb ein Verbot des Rx-Versandhandels, das bereits der Amtsvorgänger Hermann Gröhe (CDU) durchsetzen wollte. Spahn hat sich bisher in dieser Frage nicht eindeutig positioniert: „Es kann doch nicht sein“, sagte er der Umschau, „dass Apotheken, die aus dem EU-Ausland rezeptpflichtige Medikamente nach Deutschland versenden, Rabatte geben können und nicht an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind. Ich halte deshalb das Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2016, das diesen Versandhandel möglich macht, im Ansatz für falsch. Aber wir müssen jetzt damit umgehen.“ Seine konkreten Pläne offenbart Spahn auch der Umschau noch nicht, betont jedoch: „Ich möchte alles versuchen, um einen fairen Wettbewerb herzustellen. Wenn das nicht gelingt, nehmen wir ein generelles Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Medikamente in den Blick.“
Einer Forderung des GKV-Spitzenverbands, das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufzuheben und damit in Deutschland Apothekenketten zu erlauben, erteilt Spahn eine klare Absage: „Das ist absolut kein Thema! Die Apotheke vor Ort bleibt wichtiger Bestandteil unserer Versorgung. Und das verträgt sich nicht mit Investoren, die nur nach der Rendite schauen. Genauso wie der Hausarzt ist der Apotheker vor Ort Teil von Heimat. Darauf können wir nicht verzichten.“
Deutlich mehr Tempo fordert Spahn von der Gesundheitsbranche beim Thema Digitalisierung: „Genauso wie den Ärzten sage ich auch den Apothekern: Die Digitalisierung können wir nicht aufhalten. Entweder wir gestalten den digitalen Wandel, oder wir erleiden ihn. Bürger, Versicherte, Patienten wollen zurecht digitale Angebote, weil sie das Leben leichter machen – auch in Gesundheitsfragen.“ Spahn sieht die Gefahr, deutsche Qualitätsstandards könnten verloren gehen: „Wir können diese Angebote im Rahmen unserer Strukturen entwickeln, mit unserer Idee von Datensicherheit und von Qualität. Sonst kommen sie eben aus China, aus den USA oder Israel. Ich möchte, dass das aus Deutschland kommt und unsere Ärzte und Apotheker das aktiv mitgestalten.“
Das Präventionsgesetz möchte Spahn in dieser Legislatur auf den Prüfstand stellen – und hat dabei klare Forderungen an die Krankenkassen: „Im Moment gibt jede Krankenkasse sieben Euro pro Versichertem für Gesundheitsförderung aus. Aber jede Krankenkasse macht damit ihr eigenes Ding. Ich glaube, das geht besser. Besonders in Schulen und Kindergärten, wenn es darum geht, jungen Menschen gesunde Ernährung und Bewegung beizubringen. Die Kassen sollten hier zusammenarbeiten.“
Steuern, etwa auf zuckerhaltige Nahrungsmittel, hält Spahn für ungeeignet, um Menschen zu einem gesünderen Lebensstil zu bewegen: „Steuern sind hier nicht der richtige Weg. Sie würden die Falschen treffen. Deshalb setze ich zusammen mit der Ernährungsministerin eher auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie.“