Spahn-Kritik: Bundespräsident schaltet sich ein dpa/ APOTHEKE ADHOC, 13.03.2018 09:49 Uhr
Nach den umstrittenen Äußerungen des designierten Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) zu Hartz IV hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Debatte eingeschaltet und Spahn indirekt gerüffelt: „Unser Ziel muss höher gesteckt sein, als dass die Menschen von Hartz IV oder anderen Transferleistungen leben”, sagte er der Rheinischen Post. Das Zentrale sei, dass die Menschen von ihrem Einkommen aus Arbeit leben könnten.
Auch in der GroKo sorgen die Äußerungen von Spahn für eine Kontroverse: Der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz kritisierte seine Aussagen in den ARD-Tagesthemen: „Wir haben andere Vorstellungen und das weiß auch jeder.“ Er glaube, „Herr Spahn bedauert ein wenig, was er gesagt hat“.
Spahn hatte mit Äußerungen, wie mit Hartz IV habe „jeder das, was er zum Leben braucht”, von vielen Seiten Kritik auf sich gezogen. Darüber hinaus hatte er der Funke Mediengruppe in der Debatte über den vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel gesagt, die Tafeln „helfen Menschen, die auf jeden Euro achten müssen. Aber niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe”. Deutschland habe „eines der besten Sozialsysteme der Welt”.
Der CDU-Arbeitsmarktpolitiker und Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker warnte in der Hartz-IV-Debatte vor schlechtem Stil. „Von oben herab und belehrend sprechen viele Politiker in diesen Tagen über Hartz-IV-Empfänger”, sagte Whittaker. Dieser schlechte Stil sei beschämend und dürfe nicht zur Normalität werden. Die Politik müsse sich an den Bedürfnissen und Realitäten der Menschen orientieren. So bräuchten Hartz-IV-Empfänger Perspektiven und keine Almosen. Eine Fokussierung auf den Hartz-Regelsatz helfe nicht weiter. „Die Menschen sollen sich eine gute Zukunft aufbauen können und das klappt nun einmal nicht mit 20 oder 30 Euro mehr.” Sie bräuchten einen guten Job und dafür eine gute Ausbildung.
Der Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, verteidigte Spahn dagegen. „Hartz IV ist eine Solidar-Leistung zur Sicherung der Lebensgrundlagen: Essen, Kleidung, Wohnung, Heizung und soziale Teilhabe”, sagte er dem Münchner Merkur. Die Tafeln seien ein ergänzendes, freiwilliges Angebot für die Schwächsten. Dieses oft ehrenamtliche Engagement verdiene Unterstützung. „Daraus eine Sozialstaatskritik zu formulieren und abzuleiten, dass die Sozialleistungen in Deutschland zu gering seien, ist unsachlich.”
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner kritisierte Spahns Äußerungen in der Frankfurter Rundschau scharf. „Die Unterschiede zwischen Arm und Reich haben so ein Ausmaß, dass man solche Äußerungen nicht machen kann, wie Spahn sie macht. Das ist völlig daneben, was er sagt.” Allerdings könnten Spahns Worte für die Sozialdemokraten auch positive Wirkung haben, da sie den Unterschied zu den Sozialdemokraten klar machten. „Ich finde das nützlich. Denn es fordert Widerspruch heraus.” Und diesen Widerspruch werde es auch geben.