Ab Herbst sollen HIV-Selbsttests auch außerhalb von Apotheken angeboten werden können. Das sieht ein Entwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MP-AV) vor. Dagegen wehrt sich die ABDA. In einer Stellungnahme fordert sie die Apothekenpflicht für HIV-Selbsttests. Der Grund: Eine fundierte Beratung sei notwendig.
„Der Referentenentwurf zur Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung sieht keine Apothekenpflicht für die HIV-Selbsttests vor“, bestätigte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Die ABDA hingegen pocht auf Exklusivität: „Wir regen an, die In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung zum Nachweis einer HIV-Infektion in Anlage 2 zu § 2 Nr. 3 MPAV aufzunehmen und damit der Apothekenpflicht zu unterstellen. Nur hierdurch kann gewährleistet werden, dass bei der Abgabe der HIV-Selbsttests eine fundierte Beratung durch pharmazeutisches Personal im Rahmen der Beratungspflichten geliefert wird“, heißt es in der ABDA-Stellungnahme.
Eine Abfrage bei den Mitgliedern der Pharmaceutical Group of the European Union (PGEU) habe ergeben, dass in mehreren Mitgliedstaaten die Abgabe von HIV-Selbsttests vorwiegend über Ärzte und Apotheken erfolge. In Österreich, Dänemark, Irland und Spanien sei dies überdies rechtlich verbindlich vorgeschrieben, so die ABDA.
Spahn hatte kürzlich angekündigt, dass HIV-Selbsttests auch hierzulande für jedermann freiverkäuflich zu erhalten sein sollen: „Der HIV-Selbsttest ist ein Meilenstein beim Kampf gegen Aids“, so Spahn. „Er kann auch jene erreichen, die sich sonst nicht testen lassen würden.“ In Deutschland leben nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts etwa 12.700 Menschen mit HIV, ohne es zu wissen. Insgesamt sind in der Bundesrepublik knapp 90.000 Menschen mit dem Erreger der Immunschwächekrankheit Aids infiziert.
Bei den Selbsttests kann eine Infektion etwa zwölf Wochen nach einer Ansteckung festgestellt werden. Spahn sagte, je früher Betroffene die Diagnose HIV kennen würden, desto früher könnten sie gut behandelt werden. „Und andere haben bei Unsicherheit die Chance auf schnelle Gewissheit, nicht infiziert zu sein.“ Bislang dürfen HIV-Schnelltests in Deutschland nur an Ärzte, ambulante und stationäre Einrichtungen des Gesundheitswesens, Blutspendedienste und Beratungseinrichtungen abgegeben werden. Um sie für den Heimgebrauch zugänglich zu machen, muss die MP-AV geändert werden.
Die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßte die angekündigte Maßnahme als wichtigen Fortschritt. „Sie wird dazu beitragen, dass mehr Menschen möglichst früh von ihrer HIV-Infektion erfahren und eine Therapie in Anspruch nehmen können“, sagte Vorstandsmitglied Sylvia Urban. „Das verhindert Aids-Erkrankungen und weitere HIV-Übertragungen.“
Manche Menschen scheuten sich vor einem HIV-Test in einer Arztpraxis, im Gesundheitsamt oder in einem Checkpoint der Aidshilfe, so Urban. „Gründe können zum Beispiel Scham oder Angst vor einer negativen Bewertung ihres sexuellen Verhaltens sein.“ Wer den Selbsttest einfach in der Apotheke, der Drogerie oder im Versandhandel kaufen könne, lasse sich möglicherweise früher und häufiger auf HIV testen. „Von den 3700 HIV-Diagnosen im Jahr 2016 erfolgten 1100 erst, als bereits eine Aids-Erkrankung oder ein schwerer Immundefekt aufgetreten war, also viel zu spät.“
In Österreich darf seit Juni rezeptfrei ein HIV-Selbsttest in Apotheken gekauft werden. Das Gesundheitsministerium in Österreich erließ im Mai eine entsprechende Verordnung. Innerhalb von 15 Minuten kann bestimmt werden, ob man HIV-positiv ist oder nicht. Lange sei diskutiert worden, ob nicht auch ein Verkauf in Drogeriemärkten infrage käme, so berichteten die Salzburger Nachrichten. Der Vorteil wäre laut Experten eine niedrigere Hemmschwelle gewesen. Letztlich einigte man sich dort auf den Vertrieb über die Apotheken. Auch ein Online-Vertrieb der Tests ist untersagt.
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