Bundeskanzlerin Angela Merkel führt angeblich seit Tagen Gespräche über die CDU-Ministerposten in einem möglichen neuen schwarz-roten Kabinett. Dabei fällt ein Name: Jens Spahn. Der bisherige Staatssekretär im Finanzministerium ist nach derzeitigem Stand leer ausgegangen, aus seinen Ambitionen hat er aber öffentlich kein Geheimnis gemacht. Aber es gilt: Fix ist nix. Bis zum Sonntag.
Gibt Merkel Spahn ein Ministeramt – und versucht sie so, mit einer Aufwertung des konservativen Quälgeists auch ihre anderen Kritiker zu besänftigen? An diesem Sonntag will die Kanzlerin und CDU-Chefin die christdemokratische Ministerriege präsentieren. Auch der Personalpoker bei SPD und CSU könnte Überraschungen bieten. Die Berliner Spekulationen zu den Ministerposten sind wie ein spannendes Personen-Puzzle:
GESUNDHEIT (CDU): Gut möglich, dass Spahn (37) als konservative Nachwuchshoffnung Nachfolger von Hermann Gröhe wird. Der jetzige Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium ist Gesundheitsexperte: Von 2009 bis 2015 war er gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Spahns Name ist zuletzt aber auch für die Ressorts Verteidigung oder Bildung genannt worden. Direkt nach Abschluss der GroKo-Verhandlung war die bisherige Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz genannt worden; laut Bild-Zeitung galt sie wegen Merkels Frauenquote als gesetzt. Dass Spahn unter ihr Staatssekretär wird, gilt als so gut wie ausgeschlossen.
BILDUNG UND FORSCHUNG (CDU): Gröhe (56) wäre zwar gerne Gesundheitsminister geblieben, sollte Merkel ihn aber als Minister für Bildung und Forschung rufen, dürfte er wohl nicht ablehnen. Der Vertraute der CDU-Chefin und frühere Generalsekretär dürfte Minister bleiben. In einem Zukunftsressort wie Bildung und Forschung könnte er für seine Partei wichtige Akzente setzen.
FINANZEN (SPD): Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (59) soll das Schlüsselressort übernehmen und Vizekanzler werden - er sagt das aber noch nicht offiziell. Scholz verfügt über einen guten Draht zur designierten neuen SPD-Chefin Andrea Nahles. Das Amt könnte ihm eine Bühne bieten, um Merkel die Show zu stehlen – und um eine Kanzlerkandidatur 2021 vorzubereiten.
AUSWÄRTIGES AMT (SPD): Nachdem Ex-SPD-Chef Martin Schulz und wohl auch der in der Bevölkerung beliebte geschäftsführende Amtsinhaber Sigmar Gabriel raus sein dürften, gelten Justizminister Heiko Maas (51) oder die selbst ernannte „Universalwaffe“ der SPD, Familienministerin Katarina Barley (49), als mögliche Außenminister. Beide sind erfahrene Juristen.
INNEN, BAU UND HEIMAT (CSU): Parteichef Horst Seehofer (68) wird bei dem um Bauen und Heimat erweiterten Innenministerium wohl selbst zugreifen. Für ihn ist das Ressort zwar nicht erste Wahl, es könnte der CSU im Landtagswahlkampf 2018 aber sehr helfen, denn sie sieht die innere Sicherheit als Kernkompetenz. Seehofer dürfte sich zudem als Garant für die Begrenzung der Zuwanderung verstehen.
VERTEIDIGUNG (CDU): Ursula von der Leyen (59) gilt als so gut wie gesetzt für das Ressort, das sie seit 2013 innehat. Der Tochter des früheren niedersächsischen Ministerpräsidentin Ernst Albrecht wird ein ausgeprägter Machtanspruch zugeschrieben. Immer wieder wird sie auch als Nachfolgerin des bis Herbst 2020 amtierenden Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg gehandelt.
WIRTSCHAFT UND ENERGIE (CDU): Für das Wirtschaftsressort gilt der bisherige Kanzleramtschef und geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (59) als quasi gesetzt. Hätte Merkel das Finanzministerium nicht an die SPD abgeben müssen, wäre er wohl dort geblieben. Nun wird der enge Vertraute von CDU-Chefin Merkel voraussichtlich der erste CDU-Wirtschaftsminister seit 1966.
ARBEIT UND SOZIALES (SPD): Das Ministerium war für die SPD in den Verhandlungen mit Merkel und Seehofer nicht verhandelbar. Neben Maas und Barley könnte auch der erfahrene Niedersachse Hubertus Heil (45) ein Kandidat für das Ministerium mit dem größten Einzeletat sein. Mit den Ausgaben für Renten und Arbeitsmarkt werden insgesamt rund 130 Milliarden Euro im Jahr ausgegeben.
VERKEHR UND DIGITALE INFRASTRUKTUR (CSU): CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer (43) gilt als möglicher Nachfolger von Maut-Minister Alexander Dobrindt in dem für die CSU wichtigen Schlüsselministerium. Als Ex-Verkehrsstaatssekretär kennt Scheuer das Haus gut. Einzig die bisherige CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär (39) könnte Scheuers Berufung noch verhindern.
ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT (CDU): Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner (45) wird schon länger als Chefin für das Agrarressort gehandelt. Seit 2012 ist sie stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende. Von 2009 bis 2011 war Klöckner Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – sie kennt sich also in dem Ressort gut aus.
JUSTIZ UND VERBRAUCHERSCHUTZ (SPD): Amtsinhaber Maas (51) könnte weitermachen – wenn er nicht ins Außenressort oder das Arbeits- und Sozialministerium wechselt. Mit seiner klaren Kante gegen die AfD und die Pegida-Bewegung ist er zum Feindbild der rechten Szene geworden. Da aber drei Frauen von der SPD ins Kabinett geschickt werden sollen, gilt auch die Bundestagsabgeordnete Eva Högl als Kandidatin.
FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND JUGEND (SPD): Da die geschäftsführende Ministerin Barley in ein anderes Ressort aufsteigen dürfte, könnte jemand neues das Ministerium übernehmen. Eine Kandidatin könnte Christina Kampmann (37) sein, die von 2013 bis 2015 im Bundestag saß, bevor sie in der damaligen rot-grünen Landesregierung von 2015 bis 2017 Familienministerin in NRW war.
UMWELT, NATURSCHUTZ und REAKTORSICHERHEIT (SPD): Mit dem Verlust der Bauabteilung ans Innenressort und Peter Altmaier als Wirtschaftsminister, der die Energiewende zur Chefsache machen dürfte, droht ein Bedeutungsverlust. Amtsinhaberin Barbara Hendricks würde weitermachen. Als ministrabel gilt aber auch der Parteilinke und Umweltexperte Matthias Miersch (49) aus Niedersachsen.
WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG (CSU): Mit Gerd Müller (62) und Dorothee Bär (39) stehen zwei unterschiedliche Bewerber auf der Ministerliste von Seehofer. Amtsinhaber Müller werden intern die besseren Chancen gegeben. Neu-Partei-Vize Bär würde aber sowohl die Frauenquote im Kabinett als auch den Frauenmangel in parteiinternen Führungsposten verbessern.
KANZLERAMTSCHEF: Helge Braun (45) verhandelte als Staatsminister im Kanzleramt für die CDU bei den Koalitionsverhandlungen federführend das zentrale Zukunftsthema Digitalisierung. Der wegen seiner besonnenen Art auch in der SPD geschätzte Arzt könnte als neuer Kanzleramtsminister eine Schlüsselrolle in der künftigen Bundesregierung spielen – und sich weiter um Digitalisierung kümmern.
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