Spahn: Beitragszahler an Überschüssen beteiligen APOTHEKE ADHOC/dpa, 05.12.2018 09:52 Uhr
Das Finanzpolster der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland ist weiter gewachsen. Nach Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums können die Kassen inzwischen auf eine Rücklage von 21 Milliarden Euro zurückgreifen. Geht es nach Jens Spahn, müssen die Kassen die Beitragszahler an den Überschüssen beteiligen.
Ende Juni hatten die Reserven erstmals die Marke von 20 Milliarden Euro überschritten. Bis Ende März waren es 19,9 Milliarden Euro. Minister Jens Spahn (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Krankenkassen horten weiter das Geld der Beitragszahler. Sie haben inzwischen das Vierfache der Mindestreserven auf der hohen Kante. Das ist einfach zu viel.“
Der Bundesrat hatte im November ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren lassen, das unter anderem vorsieht, dass gesetzliche Kassen mit besonders großem Finanzpolster Reserven ab 2020 binnen drei Jahren abbauen müssen. Bedingung ist aber, dass bis dahin eine Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs unter den Kassen geschafft ist.
Allein im ersten bis dritten Quartal dieses Jahres haben die Kassen laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Einnahmenüberschuss von etwa 1,9 Milliarden Euro erzielt. Zum Vergleich imVorjahr wurde ein Überschuss von etwa 720 Millionen verbucht. Somit hat sich das Plus mehr als verdoppelt. Die Kassen haben Betriebsmittel und Rücklagen im Wert von etwa 21 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Im Durchschnitt entspricht das etwa 1,1 Monatsgaben und somit mehr als dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve, so das BMG.
Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) steht fest: Die Kassen müssen die Beitragszahler an den Überschüssen beteiligen. „Diese Zahlen zeigen: Es war richtig, die Krankenkassen zum Abbau ihrer Rücklagen zu zwingen. Denn es gibt keinen Grund, warum sie Beitragsgelder weiter horten. Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Rentner müssen endlich an den Überschüssen beteiligt werden. Für das kommende Jahr sollten die Kassen alle Spielräume konsequent nutzen, um ihre Zusatzbeiträge zu senken.“
Den Einnahmen in Höhe von etwa 181 Milliarden Euro standen Ausgaben von etwa 179 Milliarden Euro gegenüber. Die Einnahmen der Kassen sind somit um 3,4 Prozent gestiegen.
Alle Kassen konnten laut BMG ihre Finanzergebnisse von Juli bis September steigern. Die AOKen verzeichneten im ersten bis dritten Quartal einen Überschuss von rund 920 Millionen Euro, die Ersatzkassen von 534 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen von 190 Millionen Euro, die Innungskrankenkassen von 122 Millionen Euro und die Knappschaft-Bahn-See von 101 Millionen Euro. Einzige Ausnahme ist die Landwirtschaftliche Krankenversicherung, die nicht am Risikostrukturausgleich teilnimmt und ein Defizit von zwei Millionen Euro eingefahren hat.
Die Arzneimittelausgaben sind um 3,5 Prozent gestiegen. Geschuldet ist dies weiterhin dem Bereich der innovativen Arzneimittel. Das Erstattungsvolumen bei Rabattvereinbarungen ist von 2,9 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden um 9 Prozent gestiegen. Mit 10 Prozent sind die Ausgaben für Heilmittel überproportional gestiegen. „Bei Heilmitteln machen sich vor allem die schrittweise erfolgten Honorarerhöhungen auf Grund des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes bemerkbar, die zu einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Heilmittelerbringer beitragen“, so das BMG. Hilfsmittel haben um etwa 5 Prozent zugelegt.
Der Gesundheitsfonds verzeichnete im ersten bis dritten Quartal 2018 einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 3,26 Milliarden Euro, so das BMG. Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf könnten jedoch nicht gezogen werden.
Laut BMG werden die Kassen für das Gesamtjahr 2018 einen Überschuss von etwa 2,5 Milliarden Euro erzielen. „Nach Auswertung der Schätzerkreisergebnisse für 2019 hat das BMG den durchschnittlichen zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Zusatzbeitragssatz von 1,0 auf 0,9 Prozent abgesenkt. Der derzeit von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz liegt bei 1,07 Prozent. Diese Differenz verdeutlicht den Spielraum, den die Krankenkassen haben, um ihre Versicherten durch Absenkungen der Zusatzbeiträge zu entlasten“, heißt es dazu aus dem BMG.