Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwägt, allen Bürgern eine Corona-Auffrischimpfung anzubieten. Die Länder starteten jetzt schrittweise mit den sogenannten Booster-Impfungen in den Pflegeeinrichtungen und für besonders gefährdete Menschen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zudem könnten sich die noch einmal impfen lassen, die bislang nur Vektorimpfstoffe – dazu zählt etwa AstraZeneca – bekommen hätten. „In einem zweiten Schritt können wir dann darüber nachdenken, auch allen anderen eine Auffrischimpfung anzubieten“, sagte er.
„Eine Booster-Impfung ist von den Zulassungen gedeckt, sie verstärkt und verlängert den Impfschutz“, erklärte er. Auch sei Impfstoff ausreichend vorhanden. Für die Auffrischimpfungen setzt Spahn nach eigenen Worten vor allem auf die Arztpraxen. Ende September gingen viele Impfzentren in den Standby-Modus, sagte er. „Aber die Arztpraxen sind ja noch da. Allein die schafften bis zu fünf Millionen Impfungen in der Woche.“
Zur Forderung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), vor einer dritten Impfung zunächst die ärmeren Staaten mit Impfstoff zu versorgen, sagte Spahn: „Mein Ziel ist beides: Auffrischimpfungen gewährleisten und den ärmeren Staaten Impfstoff spenden.“ Letzteres tue Deutschland bereits, indem alle noch ausstehenden AstraZeneca-Lieferungen direkt an die internationale
Impfstoffinitiative Covax gingen.
Der Virologe Christian Drosten hatte erklärt, dass seiner Meinung nach für den Großteil der Geimpften im Herbst keine Auffrischungsimpfung gegen Sars-CoV-2 nötig sein wird. „Die Schutzwirkung der Corona-Vakzinen ist viel besser als beispielsweise bei den Influenza-Impfstoffen“, hatte er gesagt. Bei alten Menschen sowie bestimmten Risikopatienten hält Drosten eine Auffrischungsimpfung in diesem Herbst für sinnvoll. Für die übrige Bevölkerung werde irgendwann vielleicht ein Altersniveau definiert werden, ab dem eine Auffrischungsimpfung sinnvoll werde.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Durchbruchinfektionen ereignen sich bei Personen, deren Corona-Impfung länger als sechs Monate zurückliegt.“ Impfdurchbrüche gebe es unabhängig vom verwendeten Impfstoff. „Bei allen Corona-Vakzinen steigt das Risiko eines Impfdurchbruchs nach sechs Monaten an. Wir werden also vermutlich bald mehr Fälle sehen, sobald die Impfung bei etlichen Geimpften in Deutschland mehr als ein halbes Jahr zurückliegt.“
In der Regel seien Erkrankungen nach Corona-Impfdurchbrüchen nicht so gefährlich wie Erkrankungen bei Ungeimpften. „Die Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen, ist auch für diejenigen deutlich geringer, die etwa aufgrund ihrer Altersgruppe ohne Impfung ein erhöhtes Risiko der Hospitalisierung hätten.“ Es gebe aber zwei andere ernsthafte Probleme: „Laut einer neuen Studie kommt es bei 19 Prozent der Menschen mit Impfdurchbrüchen zu einem Long-Covid-Problem. Zudem sind diejenigen, die sich nach einem Impfdurchbruch infizieren, genauso ansteckend wie Ungeimpfte, wenn auch nicht so lange.“
Neue Studien gehen nach Angaben von Lauterbach davon aus, dass die Wirkung der Impfstoffe nach einer dritten Impfung wesentlich verlängert wird. „Der Schutz wird nicht dauerhaft sein, aber doch deutlich länger als ein halbes Jahr.“ Unterdessen geht Spahn davon aus, dass private Veranstalter, Hotels oder Restaurants immer stärker dazu übergehen werden, Ungeimpfte auch mit einem Corona-Test nicht mehr einzulassen. „2G wird in viele Bereichen ohne staatlichen Eingriff kommen, und zwar, weil Veranstalter und Gastronomen von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen“, sagte er dem RND. Unter dem Begriff 2G werden Geimpfte und Genesene zusammengefasst.
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