Berufsorganisationen

Spahn: Apotheker sind zu zerstritten Benjamin Rohrer, 26.05.2011 13:22 Uhr

Berlin - 

Mit seinen Liberalisierungsvorschlägen für den Apothekenmarkt hat es Professor Dr. Justus Haucap immer wieder in die Öffentlichkeit geschafft. Nur von der Politik war bislang kaum ein Echo zu vernehmen. Beim Jahreskongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) unter dem Motto „Mehr Wettbewerb wagen!“ hätte der Ökonom heute in Berlin die Gesundheitsexperten aus dem Bundestag von seinem wettbewerblichen Weltbild überzeugen können - doch die rückten die Gesundheit in den Mittelpunkt.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn, konterte, es gebe bereits Wettbewerb im Apothekenmarkt. Im OTC-Bereich seien die Preise frei; allerdings habe sich kaum Dynamik entwickelt. „Wenn es da nicht klappt, wieso sollte es an anderer Stelle klappen?“

Das sah auch die Gesundheitsexpertin der SPD, Dr. Marlies Volkmer, so. Sie kritisierte Haucap außerdem dafür, dass sein Vorschlag einer frei kalkulierbaren „Apothekentaxe“ ausgerechnet benachteiligte Patienten weiter benachteilige: Es wäre schlimm, wenn alte Menschen, Menschen im ländlichen Raum oder mit besonderem Beratungsbedarf mehr zahlen müssten, so Volkmer. Aus diesem Grund gebe es Festpreise, und daher seien auch keinerlei Rx-Boni zulässig.

Dagegen argumentierte Haucap, dass die heutige Lage mehr Nachteile etwa für Landbewohner habe und dass diese sicher gerne bereit seien, einen Euro mehr zu zahlen, wenn sie dafür kürzere Wege hätten. Das heutige Apothekenhonorar sei auch nicht geeignet, um eine gute Beratung zu fördern.


Auch Birgitt Bender von den Grünen forderte mehr Wettbewerb um Qualität und Rx-Höchstpreise. Ihrer Meinung nach ist der Apothekenmarkt „hochadministriert“. Mit einer Einschränkung der Freiwahl über die Apothekenbetriebsordnung regele man „ein Problem, das es gar nicht gibt“. Zwar sehen laut Bender einige Apotheken tatsächlich aus wie Drogerien. „Aber was spricht denn dagegen?“ Allerdings gibt es eine Grenze: Kosmetikbehandlungen in Apotheken findet Bender, wie ihre beiden Kollegen, nicht in Ordnung. In abgetrennten Räumen hätten sie damit aber kein Problem.

Spahn wies die Behauptung zurück, dass die Koalition die Freiwahl über konkrete Vorgaben einschränken wolle. Ursprünglich hätten die Apotheker mehr Regeln verlangt; jetzt protestierten sie dagegen. Seiner Meinung nach müssen sich die Apotheker erst einmal intern auf eine gemeinsame Linie einigen: Immer, wenn die Politik sich auf eine mehrheitsfähige Position geeinigt habe, gebe es Gegenwind von den Apothekern, so Spahn.

Beispiel Rx-Boni: Er könne keine Gesetze für ausländische Unternehmen machen, er könne nur die deutschen Anbieter besser stellen. Doch in diesem Punkt habe die Apothekerlobby gemauert. „Es ist nicht unser Job, den Streit innerhalb der Apothekerschaft zu entscheiden“, so Spahn.

Der CDU-Politiker geht davon aus, dass in fünf bis 15 Jahren auch die Meinung der Apotheker zum Fremd- und Mehrbesitzverbot eine andere sein könnte. „Wir werden erst etwas ändern, wenn es eine Initiative aus dem Berufsstand gibt.“ An dieser Front ist auch Bender ernüchtert: Eine Diskussion um Apothekenketten bräuchte eine breite Basis. Sie werde erst wieder aktiv werden, wenn Verbraucherschützer oder die Mehrheit der Apotheker hinter ihr stünden.