Hennrich: Flüchtlinge dürfen GKV nicht belasten Lothar Klein, 23.02.2016 12:48 Uhr
Der Zustrom von Flüchtlingen darf nach Ansicht des CDU-Gesundheitspolitikers Michael Hennrich nicht zulasten der Sozialkassen gehen. „Eine Belastung der Beitragszahler, insbesondere über die GKV-Zusatzbeiträge, darf es nicht geben. Das wäre eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste aus Steuermitteln finanziert werden. Da fühlen wir uns als Union in der Verantwortung“, sagte Hennrich gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Damit regierte Hennrich, Mitglied im Bundestagsausschuss für Gesundheit als Berichterstatter für den Bereich Arzneimittelversorgung und Apotheken, auf die kürzlich durch Medienberichte ausgelöste Diskussion über Mehrkosten für die Krankenkassen aufgrund des Flüchtlingszustroms. Die Frankfurter Rundschau berichtete, dass den Krankenkassen schon bald Milliardendefizite drohten.
Bereits 2016 entstehe eine Lücke von mehreren Hundert Millionen Euro, weil der Bund für Flüchtlinge und andere Hartz-IV-Empfänger viel zu geringe Krankenkassenbeiträge überweise. 2017 wird das Loch laut Bericht schon auf mehr als eine Milliarde Euro anwachsen. Flüchtlinge werden in Bezug auf die Sozialsysteme nach einer Wartezeit von 15 Monaten normalen Arbeitnehmern gleichgestellt. Wenn sie keine Arbeit finden, haben sie dann Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
Ausdrücklich nicht beteiligen will sich Hennrich an Spekulationen über mögliche durch Flüchtlinge verursachte Mehrkosten für das Gesundheitssystem: „Das müssen wir abwarten.“ Erst Ende dieses Jahres gebe es einen Überblick über die tatsächlichen Kosten der Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge durch die Kommunen. Dann werde man sehen, ob es Handlungsbedarf gebe. „Das kann jetzt niemand richtig abschätzen“, sagt Hennrich. Es gebe sehr unterschiedliche Betrachtungen und Annahmen über den Gesundheitszustand der Flüchtlinge: „Daran beteilige ich mich nicht.“ Vieles hänge davon ab, ob und wie man die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren könne. Hennrich: „Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt.“
Nicht verhandeln will Hennrich mit der SPD über die Rückkehr zur Beitragsparität bei den Krankenkassen. Angesichts der zum Jahreswechsel gestiegenen Zusatzbeiträge hatte SPD-Fraktionsvize und Gesundheitspolitiker Professor Dr. Karl Lauterbach Neuverhandlungen in diesem Punkt gefordert. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD 2013 festgelegt, dass Kostensteigerungen bei den Krankenkassen in dieser Legislaturperiode über die Zusatzbeiträge einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer gehen sollen. „Ich gehe davon aus, dass wir darüber sprechen. Ich sehe aber keinen Handlungsspielraum. Wir haben das im Koalitionsvertrag so vereinbart“, sagt Hennrich.
Eine neue Diskussion über die Finanzierung der Krankenkassen stehe erst in der nächsten Legislaturperiode auf der Tagesordnung. „Dann werden wir uns wieder mit der GKV-Finanzierung auseinandersetzen und damit, ob wir die Kostendynamik einseitig bei den Versicherten belassen“, so Hennrich. Er gehe davon aus, dass man ab 2018 über ein „paar grundsätzliche Fragen“ in der nächsten Bundesregierung reden müsse.
Keine Auswirkungen hat nach Einschätzung von Hennrich der Koalitionsstreit über die Flüchtlingspolitik auf die Zusammenarbeit der Gesundheitspolitiker. „Das läuft bei uns nach wie vor harmonisch und kompromissbereit. Wir arbeiten gut, seriös und zielorientiert den Koalitionsvertrag ab“, so Hennrich. Die Koalition habe in dieser Wahlperiode bereits bedeutende Reformen „optimal“ umgesetzt, etwa bei den Krankenhäusern, in der Pflege, mit dem E-Health-Gesetz oder dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG). „Die Gesundheitspolitik ist der Bereich, der am zuverlässigsten arbeitet“, so Hennrich.
Damit die Kommunen angesichts des nicht abreißenden Zustroms bei den Ausgaben für die Gesundheitsversorgung nicht überfordert werden, hatte Hennrich bereits im November einen Abschlag auf die Arzneimittelpreise vorgeschlagen. Bei der Bundestagsdebatte über den Haushalt des Bundesgesundheitsministerium (BMG) schlug Hennrich vor, dass die Hersteller bei Arzneimitteln, die an Flüchtlinge abgegeben werden, nur die Preise aufrufen, die sie auch im jeweiligen Herkunftsland verlangen – also Syrien etwa oder dem Kosovo.
Er sei sich bewusst, dass die gesetzliche Umsetzung seines Vorschlags äußerst schwierig sei, so Hennrich. Er habe das Thema aber angesprochen, um ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Gerade bei den Hochpreisern drohten die Kommunen überfordert zu werden – ihnen würde Hennrich gerne durch geeignete Maßnahmen die Sorgen nehmen. Er appelliere daher auch an die Verantwortung der Hersteller.
Hennrich findet es „absolut richtig“, dass Flüchtlinge eine medizinische Akutversorgung erhalten. „Das ist aus ethischen und humanitären Gründen unumstößlich.“