Video-Interview Sanicare

Sonst gehen wir alle nach Holland

, Uhr
Berlin -

Johannes Mönter ist einer der dienstältesten Versandapotheker in Deutschland. Seit Jahren kämpft er immer wieder vor Gericht um sein Geschäftsmodell. Als Marktführer will Mönter eigentlich in Deutschland bleiben, doch gelegentlich stellt er schonmal die Abwanderung ins Ausland in den Raum. APOTHEKE ADHOC sprach mit dem Apotheker aus dem niedersächsischen Bad Laer über den Versandhandel, den Umgang mit Krankenkassen und sein Verhältnis zur ABDA. 

ADHOC: Wo steht der Versandhandel Anfang 2010?
MÖNTER: Ich denke, dass der Versandhandel insgesamt 2010 auf einem guten Weg ist. Das Problem ist, dass wir im Rx-Bereich noch keine Möglichkeiten haben, Wettbewerb zu betreiben. Im OTC-Bereich gibt es aber gute Umsätze, nicht nur bei Sanicare, sondern im Versandhandel insgesamt. Die letzten Zahlen von IMS besagen, dass der OTC-Versand im vergangenen Jahr um 34 Prozent zugelegt hat - die Offizin-Apotheke nur um 1 Prozent.

ADHOC: Was läuft besonders gut?
MÖNTER: Die Indikationen sind im OTC-Bereich für die chronisch Kranken. In der Akutmedizin ist es notwendig, dass die Patienten gleich in die Apotheke gehen können. Und wir können auch keinen Notdienst unterhalten, was ja auch oft in der Diskussion mit der ABDA ist. Es sind die sehr teuren Medikamente wie zum Beispiel Tebonin, und erstaunlicherweise übrigens auch - obwohl es Akutmedikamente sind - Nasentropfen, die in großen Mengen gekauft werden. Aber wir müssen bei Nasentropfen und -sprays natürlich darauf achten, dass nicht zu viele Packungen abgegeben werden.

ADHOC: Wie war 2009 für Sanicare?
MÖNTER: Wir liegen in der Größenordnung gut 10 Prozent über Vorjahr. Wobei wir unterscheiden müssen zwischen Nicht-Rx und Rx: Im Rx-Bereich haben wir verloren durch den Wegfall der Zuzahlungsbefreiung. Im OTC-Bereich haben wir entsprechend höhere Steigerungen.

ADHOC: Wie finden Sie Pick up?
MÖNTER: Über die Problematik der Pick-up-Stellen kann man sich lange unterhalten, ich persönlich halte nichts davon, wir werden so etwas auch nicht machen.

ADHOC: Warum nicht?
MÖNTER: Weil ich der Meinung bin, dass Kunden, die über den Versandweg bestellen, genauso in der Versandapotheke bestellen. Warum sollten die ihre Medikamente in der Pick-up-Stelle abholen? Da können sie sich diese gleich nach Hause zustellen lassen; im Zweifelsfall müssen sie sie bei der Post abholen.

ADHOC: Fehlt Ihnen Quelle als Kooperationspartner?
MÖNTER: Eine Kooperation mit Quelle wäre nicht schlecht gewesen, denn Quelle hat einige Millionen Kundendaten, die jetzt bei Otto gelandet sind. Die ganze Marketing-Kompetenz von Quelle ist natürlich sehr gut. Durch die Insolvenz von Quelle haben wir das nicht nutzen können, aber wenn sich die Gelegenheit bietet, noch einmal so eine Kooperation zu machen, sehe ich da kein Problem.

ADHOC: Sollten Krankenkassen für Versandapotheken werben?
MÖNTER: Die Krankenkassen könnten eine große Rolle spielen, gerade unter dem Aspekt, dass wir ja Kosten einsparen wollen. Nur die Kassen, ich kann nicht beurteilen ob freiwillig oder durch die Urteile beeinflusst, geben keine Empfehlungen mehr aus und sind nicht bereit, darüber zu reden. Obwohl es sehr viele Verträge gibt, behaupte ich, durch die die Krankenkassen entsprechende Rabatte auf die Arzneimittelpreise bekommen, nutzen diese ihre Möglichkeiten nicht entsprechend aus.

ADHOC: Wann geht Sanicare ins Ausland?
MÖNTER: Wenn Sie mir sagen, wie sich das entwickelt in den nächsten ein bis zwei Jahren - wir haben drei Apotheken, mit denen wir von heute auf morgen anfangen könnten, und verschieben das immer um ein Vierteljahr. Ich war erst vergangene Woche wieder in Holland. Sobald wir wissen, was Herr Rösler von uns will, werden wir entweder aus Holland liefern oder auch nicht.

ADHOC: Wie ist Ihr Verhältnis zur ABDA?
MÖNTER: Zu Vielen recht gut. Das Problem ist ja immer: Im Einzelgespräch verstehen wir uns alle gut. Manchmal müssen sie halt auf den Putz hauen. Wir auch.

ADHOC: Welches Potenzial hat der Versandhandel?
MÖNTER: Das ist die Frage. Im Non-Rx-Bereich haben wir Steigerungen von 30 Prozent, die werden wir auch dieses Jahr wieder haben, weil die Apotheken nicht in der Lage sind, darauf zu reagieren.

ADHOC: Und bei Rx?
MÖNTER: Wenn der Rx-Versand nicht verboten wird und nach Möglichkeit auch noch die Höchstpreisgestaltung kommt, sehe ich das Potenzial genauso groß wie bei OTC. Das heißt also von 35 Milliarden Euro 10 Prozent, das kann man sich ausrechnen.

ADHOC: Und ohne Änderung?
MÖNTER: Dann dümpelt das vor sich hin, oder wir gehen alle nach Holland.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte