Regierungsbildung

So könnte Merkels Kabinett aussehen

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Berlin -

Nachdem die SPD-Mitglieder den Weg für die große Koalition freigemacht haben, lichtet sich der Nebel um die Besetzung der Ministerposten. Bis zuletzt wurde spekuliert, Namen wurden gemeldet und wieder verworfen. Eine Bestätigung für das Gesamtarrangement wird morgen erwartet. Nach dem letzten Stand der Informationen und Spekulationen könnte das Kabinett so aussehen – ein Überblick.

Kanzlerin: Angela Merkel (CDU)
Sie wollte diese dritte Kanzlerschaft unbedingt. Nach Ansicht vieler Parteimitglieder hat sie damit ihren politischen Zenit erklommen. Als sie im Jahr 2000 die erste Frau an der Spitze der CDU wurde, hätte kaum jemand der ostdeutschen Physikerin diese Karriere zugetraut. Seit 1990 hat sie ein Bundestagsmandat, wurde unter Kanzler Helmut Kohl zunächst Frauen-, dann Umweltministerin.

Als CDU-Generalsekretärin forderte sie die Partei in der Spendenaffäre auf, sich von Kohl zu lösen. 2005 wurde sie Kanzlerin einer großen Koalition, 2009 von Schwarz-Gelb. Sie rückte die CDU etwa mit der Abkehr von der Wehrpflicht oder der Atomkraft stark in die Mitte der Gesellschaft. Merkel ist kompromissorientiert, scheut sich aber auch nicht vor eiskalten Entscheidungen. Über ihr Privatleben erzählt Merkel, die in zweiter Ehe mit Joachim Sauer verheiratet ist, wenig. Bleibt es bei nur fünf Ministerposten für die CDU als stärkster Kraft in der großen Koalition, hat Merkel kaum Spielraum für neue Gesichter.

Kanzleramtschef: Peter Altmaier (CDU)
Der bisherige Umweltminister hat nach der Entlassung seines Vorgängers Norbert Röttgen 2012 zunächst neuen Schwung in die Energiewende gebracht, konnte aber viele Probleme nicht abräumen. Der kommunikative, selbstironische Saarländer ist für Merkel ein wichtiger Mann. Er ist vernetzt, duckt sich bei heiklen Fragen nicht weg, kennt sich in der Europapolitik bestens aus und spricht viele Sprachen fließend. Schon als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion bewies er Qualitäten bei der Kompromisssuche.

Gesundeitsminister: Hermann Gröhe (CDU)
Er hat großen Anteil an dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf, an dessen Ende 41,5 Prozent für CDU/CSU standen. Er gilt auch beim politischen Gegner als sachlich, freundlich und fair. Er kann Konflikte geräuschlos lösen und Mehrheiten beschaffen. Gröhe war in der Unionsfraktion sieben Jahre lang Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Wirtschafts- und Energieminister/Vizekanzler: Sigmar Gabriel (SPD)
2009 wurde er jüngster Parteichef seit Willy Brandt. Der gelernte Lehrer war zudem mit 40 Jahren in Niedersachsen jüngster deutscher Ministerpräsident (1999 bis 2003). Von 2005 bis 2009 erwarb er sich als Bundesumweltminister Ansehen und Expertise im Bereich erneuerbare Energien. Ein politisches Naturtalent und begabter Redner, der aber auch als launisch gilt. Kommt aus sogenannten schwierigen Verhältnissen, das hat ihn tief geprägt. Der Vater war überzeugter Nazi, Gabriel musste gegen seinen Willen nach der Trennung der Eltern zeitweise beim Vater leben. Lebt mit seiner zweiten Frau, einen Zahnärztin, und seiner kleinen Tochter in Goslar.

Finanzminister: Wolfgang Schäuble (CDU)
Der 71-Jährige ist gesetzt. Die Union kann sich keinen besseren vorstellen als den Mann mit der größten Regierungserfahrung: Er war schon Innenminister unter Kohl, Unionsfraktionschef und CDU-Chef. 1990 wurde er während einer Wahlkampfveranstaltung niedergeschossen. Seitdem sitzt Schäuble im Rollstuhl. Mehrfach sah es so aus, dass Gesundheitsprobleme seine Laufbahn beenden könnten. Doch er kämpfte sich immer wieder zurück. Er gilt als glühender Europäer, zäh und mitunter mürrisch.

Außenminister: Frank-Walter Steinmeier (SPD)
Steinmeier war Kanzleramtschef zu rot-grünen Zeiten, strickte für Gerhard Schröder an der „Agenda 2010“ mit. Dann wurde der Jurist geachteter Außenminister (2005 bis 2009). Er ist stets exzellent vorbereitet, bürgernah, humorvoll. Seitdem der Westfale und Schalke-04-Fan in Brandenburg seinen Wahlkreis hat, ist die Region seine zweite Heimat geworden. Bei der Bundestagswahl gewann er das einzige Direktmandat der SPD im Osten. Steinmeier ist verheiratet mit einer Verwaltungsrichterin, der er eine Niere spendete, beide haben eine Tochter.
Verteidigungsministerin: Dr. Ursula von der Leyen (CDU)
Die Ärztin wechselt aus dem Arbeitsministerium aller Voraussicht nach ins Verteidigungsressort – als erste Frau auf diesem Posten. Das ist die größte Überraschung der Regierungsbildung. Da die SPD das Arbeitsministerium für sich beanspruchte, musste für von der Leyen ein gleichwertiges Ressort gefunden werden. Das Gesundheitsministerium – für das sie mehrfach gehandelt wurde – kam deshalb nicht in Frage. Die frühere niedersächsische Sozialministerin und CDU-Vize gilt wegen ihres scharfen Verstandes und ihrer Redegewandtheit als Allroundtalent in der Partei, ist aber nicht sehr beliebt. Für Empörung in der CDU sorgte sie, als sie drohte, mit der Opposition für die Frauenquote zu stimmen. Von der Leyen ist die Tochter des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und hat sieben Kinder.

Arbeits- und Sozialministerin: Andrea Nahles (SPD)
Die Literaturwissenschaftlerin ist seit 2009 Generalsekretärin. Sie hat erst den Wahlkampf organisiert, dann die Koalitionsverhandlungen, schließlich den Mitgliederentscheid über die große Koalition. Zeit für ihre kleine Tochter Ella Maria und ihren Mann daheim auf einem Hof in der Eifel hat sie zurzeit wenig. Die frühere Juso-Chefin zählt längst nicht mehr zu den Parteilinken. Intern ist sie nicht unumstritten, wurde zuletzt mit schlechtem Ergebnis wiedergewählt. Hat vehement für den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gekämpft.

Umweltministerin: Barbara Hendricks (SPD)
Hendricks war bisher vor allem eine Frau der Zahlen. Jetzt wird sie im erweiterten Umweltministerium auch für Bau zuständig sein. In Düsseldorf arbeitete die 61-Jährige fast zehn Jahre als Sprecherin für die SPD-Finanzminister der Landesregierung. 1998 wurde sie Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Bis 2007 arbeitete sie auf diesem Posten mit den SPD-Finanzministern Oskar Lafontaine, Hans Eichel und Peer Steinbrück zusammen. Seit Oktober 2007 ist Hendricks Schatzmeisterin der SPD. Kontakt zur Umweltpolitik hatte die promovierte Historikerin, als sie von 1991 bis 1994 im NRW-Umweltministerium das Referat für grenzüberschreitende Studien leitete.
Bildungsministerin: Johanna Wanka (CDU)
Wanka wurde erst 2013 nach dem Rücktritt von Annette Schavan Bildungsministerin. Die CDU stuft das Ressort als eines der wichtigsten im Kabinett ein. Mit den Milliardenausgaben für die Forschung kann man mit diesem Haus viele Punkte bei Wissenschaftlern und Studenten machen. Die promovierte Mathematikerin aus Sachsen war viele Jahre Kultusministerin in Brandenburg und Niedersachsen. Sie gilt als konservativ und pragmatisch.

Innenminister: Thomas de Maiziére (CDU)
Er wollte gern Verteidigungsminister bleiben, muss den Posten aber wohl für Parteifreundin von der Leyen räumen und wieder ins Innenministerium zurückzukehren. Dieses leitete er schon von Oktober 2009 bis März 2011. Wegen des gescheiterten Rüstungsprojekts „Euro-Hawk“ hagelte es Kritik an de Maizière als Verteidigungsminister: Er habe das Ministerium nicht im Griff. Der aus Bonn stammende und als ruhig und besonnen geltende Politiker war schon als Nato-Generalsekretär im Gespräch. Als Kanzleramtsminister in der großen Koalition von 2005 bis 2009 erwarb er sich großen Respekt, wurde bis zur Drohnen-Affäre sogar als möglicher Merkel-Nachfolger gehandelt.

Verkehrsminister/Digitale Infrastruktur: Alexander Dobrindt (CSU)
CSU-Chef Horst Seehofer hat ihm einen Ministerposten versprochen. Als Generalsekretär hat er im Bundestagswahlkampf Managerqualitäten bewiesen und sich in den Koalitionsverhandlungen zu einem der wichtigsten Sprachrohre der CSU entwickelt. Beschimpfungen wie die des FDP-Koalitionspartners als „Gurkentruppe“ kommen Dobrindt kaum noch über die Lippen. Er provoziert zwar weiterhin, wägt seine Worte aber stärker als früher. Peter Ramsauer soll das Bundeskabinett angeblich verlassen.

Agrarminister: Hans-Peter Friedrich (CSU)
Bisher Innenminister, ist der 56-jährige Franke nun für das Agrarressort im Gespräch, das bisher seine Parteifreundin Ilse Aigner leitete. Wer auch immer neuer Ressortchef wird: Er ist nur noch für die Landwirtschaft zuständig, nicht mehr für den Verbraucherschutz. Der wird dem Justizministerium zugeschlagen.
Justizminister: Heiko Maas (SPD)
Für den studierten Juristen ist der Umzug ins Bundesjustizministerium so etwas wie eine letzte Chance. Dreimal bewarb er sich für die SPD um das Amt des Regierungschefs in Saarbrücken, dreimal zog er den Kürzeren. Von 1999 bis 2012 stand der gebürtige Saarländer an der Spitze der Landtagsfraktion, seit 2000 führt er auch die Landes-SPD. 1998 übernahm er als damals jüngster
Minister in Deutschland das Umweltministerium – wenngleich nur kurz, denn die SPD musste bereits ein Jahr später der absoluten CDU-Mehrheit weichen. Aber Triathlet Maas hatte einen langen Atem, machte weiter, führte von 1999 bis 2012 die SPD-Fraktion, nach vier vergeblichen Anläufen steuert der SPD-Landesvorsitzende in der schwarz-roten Saar-Koalition derzeit das Wirtschaftsministerium.

Familienministerin: Manuela Schwesig (SPD)
Sie ist das „Gesicht“ der ostdeutschen SPD mit einer Blitzkarriere seit ihrem Parteieintritt 2003. Die gebürtige Brandenburgerin studierte Steuerrecht und folgte ihrem Mann, mit dem sie einen Sohn hat, nach Schwerin. 2002 bis 2008 arbeitete sie dort im Finanzministerium. 2008 übertrug Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) der damals 34-Jährigen
Diplom-Finanzwirtin das Sozialressort. Seit 2009 ist sie auch SPD-Vize. Als Ministerin würde Schwesig auch für das von der SPD heftig bekämpfte Betreuungsgeld zuständig sein.

Entwicklungsminister: Hans-Peter Friedrich (CSU)
Auch für dieses Ressort ist Friedrich im Gespräch, er soll angeblich die Wahl zwischen Entwicklungs- und Agrarministerium haben. Seehofer hatte dem bisherigen Innenminister noch im August für diesen Posten eine Garantie gegeben. Zuletzt bekannte sich Seehofer aber nicht mehr so offen zu dem im Umgang freundlichen Bayern. In der NSA-Abhöraffäre wurde Friedrich eine zu weiche Haltung gegenüber den USA vorgehalten. Friedrich studierte Wirtschaftswissenschaften und Volkswirtschaft. Besonders gern war er CSU-Landgruppenchef.

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