Sickendiek verlässt Phagro Alexander Müller, 12.06.2018 14:36 Uhr
Beim Großhandelsverband Phagro steht im Herbst ein Wechsel an der Spitze an. Geschäftsführerin Bernadette Sickendiek geht in Rente, nach Informationen von APOTHEKE ADHOC wird der derzeitige Justiziar Thomas Porstner den Job Anfang September übernehmen.
Der Wechsel kommt nicht unerwartet: Sickendiek hat in diesem Jahr ihren 65. Geburtstag gefeiert und kann aufgrund der stufenweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in diesem Jahr aufhören. Der Phagro wollte die Personalie auf Nachfrage noch nicht bestätigen.
Sickendiek war erstmals von zwischen 1983 und 1991 für den Phagro tätig. Die Rechtsanwältin leitete damals von Frankfurt aus die Fachbereiche Recht und Soziales. Dann ging sie aus persönlichen Gründen für 14 Jahre nach Lima, Peru. 2005 lotste sie der damalige Celesio-Chef Dr. Fritz Oesterle zurück zum Großhandelsverband. Seitdem ist sie dort als Sprecherin der Geschäftsführung tätig und leitet das Hauptstadtbüro in Berlin. Nachdem der langjährige und mittlerweile verstorbene Geschäftsführer Hermann Ringenaldus in einem Interview mit APOTHEKE ADHOC 2007 öffentlich Zweifel am Ausgang des EuGH-Verfahrens geäußert hatte und in der Folge kalt gestellt wurde, übernahm Sickendiek den Posten der Sprecherin.
Als Lobbyistin zählt Sickendiek eher zu den Leisetretern in der Hauptstadt. Der Phagro geht mit seinen Forderungen nie offensiv in die Öffentlichkeit. Zum Ende ihrer Phagro-Tätigkeit könnte es noch einmal besonders spannend werden: Der Gesetzgeber wird – vermutlich im Herbst – bei der geplanten Reform der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auch das Großhandelshonorar ins Visier nehmen. Die Großhändler kämpfen nicht nur für eine Erhöhung ihrer Fixpauschale, sondern vor allem für einen Ausschluss aus der Rabattierung. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Skonto-Prozess ist die komplette Marge der Großhändler für Rabatte an die Apotheken freigegeben. Das will der Phagro unbedingt zurückdrehen.
Ob das Thema noch auf Sickendieks Schreibtisch landet, hängt von den zeitlichen Abläufen nach der Sommerpause ab. Gut möglich, dass sie die Begleitung der Reform ihrem Nachfolger überlässt. Zuletzt hatte Sickendiek im Prozess um die Datenaffäre des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) einen unglücklichen Auftritt vor dem Landgericht Berlin, bei dem sie einen Ministerialbeamten als mögliches Datenleck namentlich benannte.
Weil das Gericht zudem Widersprüche in ihrer Aussage gesehen hatte, wurde Sickendiek erneut geladen – und erschien mit anwaltlicher Unterstützung. Schließlich ordnete das Gericht an, dass verschiedene Dokumente beim Phagro noch am selben Tag polizeilich beschlagnahmt wurden. Viel Aufhebens dafür, dass der Phagro mit dem eigentlichen Sachverhalt nichts zu tun hatte.
Mit dem BMG und anderen Lobbyverbänden muss sich ab September Porstner gemeinsam mit Verbandschef Dr. Thomas Trümper herumschlagen. Der bisherige Justiziar kennt den Verband nun auch schon seit mehr als sieben Jahren. Anfang 2011 war er vom Branchenverband Pro Generika zum Großhandelsverband gewechselt. Bei Pro Generika war Porstner seit September 2008 ebenfalls als Justiziar tätig, davor sechs Jahre lang als Chefjurist beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI).