Bundesgerichtshof

Showdown für Rezeptgutscheine

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Der Bundesgerichtshof (BGH) verkündet am kommenden Dienstag seine Entscheidung, ob Apotheken auf verschreibungspflichtige Arzneimittel Rabatte gewähren dürfen. Dabei geht es um mehr als Bonus-Taler zur Kundenbindung: Der BGH muss in einem der sechs zusammengefassten Verfahren klären, ob sich ausländische Versandapotheken hierzulande an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) halten müssen. Der Ausgang ist nach der mündlichen Verhandlung vollkommen offen. Verschiedene Varianten sind möglich.

Variante A: Der BGH erlaubt Rx-Boni für alle.
Nach einer formalen Betrachtung sind die Rabatte dann keine unmittelbare Preisreduzierung, wenn sie bei einem späteren Einkauf auf OTC- oder Freiwahlmedikamente gewährt werden. Ausländische Versandapotheken dürften darüber hinaus direkte Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel anbieten, wenn der BGH in der vorgelagerten Frage entscheidet, dass die AMPreisV nicht für sie gilt. Die Preisbindung wäre mit einer solchen BGH-Entscheidung de facto außer Kraft gesetzt. Künftig dürften niedergelassene Apotheken und Versender Rabatte in beliebiger Höhe gewähren.

Variante B: Deutsche Apotheken dürfen keine Rabattgeschäfte mit Rezepten betreiben, Versandapotheken im Ausland schon.
Der BGH wertet das nachträgliche Einlösen von Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel als Umgehungstatbestand und verbietet deutschen Apotheken die Rabatte mit Verweis auf die AMPreisV. Gleichzeitig entscheidet das Gericht, dass die Verordnung für DocMorris, Vitalsana oder die Europa Apotheek Venlo nicht gilt. Gegen eine solche Entscheidung könnten die Apotheker wegen des Verdachts auf Inländerdiskriminierung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Variante C: Der BGH hält Rx-Boni für unzulässig
Die Richter sehen in Rx-Boni einen Umgehungstatbestand. Deutsche Apotheken dürfen verschriebene Arzneimitteln nicht an Rabattgeschäften beteiligen. Ausländische Versandapotheken müssen sich hierzulande an die deutschen Preisgesetze halten und dürfen ebenfalls keine Boni mehr anbieten.

Mit dieser Version würde der BGH ein anderes letztinstanzliches Urteil konterkarieren: Vor rund zwei Jahren hatte das Bundessozialgericht die Celesio-Tochter DocMorris in einem Verfahren um die Erstattung von Herstellerrabatten von der Bindung an deutsche Preise freigesprochen.

Der BGH müsste diese Frage dann dem Gemeinsamen Senat der Obersten Bundesgerichte vorlegen. Die Bonus-Modelle deutscher Apotheken sind dann nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, die Entscheidung könnte aber bis zur Klärung vor dem Senat ausgesetzt werden.

Variante D: Deutsche Apotheken dürfen indirekte Boni gewähren, ausländische Versandapotheken aber keine direkten Rabatte.
Eine eher theoretische Variante. Der BGH sieht die Bonus-Taler und deren Einlösung als unabhängiges Erst- und Zweitgeschäft und damit zulässig an. Die direkten Rabatte der Versandapotheken verstoßen aber gegen die AMPreisV. Auch in diesem Fall müsste der BGH den Fall dem Gemeinsamen Senat vorlegen.

Sechs Verfahren hat der BGH zur gemeinsamen Entscheidung zusammengefasst: Die Oberlandesgerichte Karlsruhe und Frankfurt mit jeweils zwei Verfahren sowie das Kammergerichts Berlin hatten die Boni-Modelle verboten. Das Oberlandesgericht Bamberg hatte das Modell dagegen für rechtmäßig erklärt.

Die BGH-Richter hatten in der mündlichen Verhandlung durchblicken lassen, dass sie möglicherweise den Gemeinsamen Senat anrufen würden. Trotzdem ist die Entscheidung vollkommen offen: „Wir sind selber gespannt auf das Ergebnis“, so das Fazit des Vorsitzenden Richters Professor Dr. Joachim Bornkamm nach der Verhandlung am 16. April. Am Dienstag wird jedoch nur der Tenor des Urteils verkündet, die schriftliche Begründung wird erst Wochen oder sogar Monate später veröffentlicht.

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