Die gesetzlichen Krankenkassen kritisieren die von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplanten Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht im Gesundheitswesen scharf. „Wenn bei einem einzelnen Verband etwas grundlegend schiefläuft, dann muss dort gehandelt werden“, sagten die Verwaltungsratsvorsitzenden des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Uwe Klemens und Volker Hansen.
Hintergrund sind seit Längerem beklagte Unregelmäßigkeiten und Querelen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Gröhe will mit dem sogenannten GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, das derzeit im Parlamentarischen Verfahren ist, ganz offensichtlich solche Konflikte eindämmen. Dazu soll das Aufsichtsrecht des Gesundheitsministeriums ausgeweitet werden, unter anderem durch eine „entsandte Person für besondere Angelegenheiten“.
Die KBV war wegen überhöhter Zahlungen an Ruheständler und dubiosen Immobilienfinanzierungen monatelang in den Schlagzeilen. Die Organisation regelt die Belange von Deutschlands Kassenärzten. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass das Gesundheitsministerium als Aufsichtsinstanz mehr Durchgriffsrechte auf die gesamte Selbstverwaltung von Ärzten, Apothekern, Krankenkassen und Krankenhäusern bekommt.
Gröhe begründete seinen Gesetzentwurf so: „Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen hat eine Vielzahl von verantwortungsvollen Aufgaben zu erfüllen, um eine gute Gesundheitsversorgung für die Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass die Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung künftig noch besser ihrer großen Verantwortung nachkommen können und vor Selbstblockaden geschützt sind. Das umfasst beispielsweise schlüssige Vorgaben für das Aufsichtsverfahren, klare Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung sowie eine Stärkung der internen Transparenzpflichten und Kontrollmechanismen.“
Klemens und Hansen erklärten nun, die Arbeit des GKV-Spitzenverbandes biete keinerlei Anlass für solche gesetzlichen Eingriffe. „Wir appellieren an den Gesetzgeber, das Gesetzesvorhaben noch einmal grundlegend zu überdenken. Wenn es überhaupt einer Gesetzesänderung bedarf, dann bitte einer zielgenauen, statt eines Rundumschlages, der auch Unbeteiligte trifft.“ Der Handlungsrahmen der bewährten Sozialpartnerschaft müsse gestärkt und nicht geschwächt werden.
Anders als der Namen vermuten lässt, soll mit dem Selbstverwaltungsstärkungsgesetz in Selbstverwaltung eingegriffen und deren Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Nach dem Prinzip der gemeinsamen Selbstverwaltung gibt der Staat zwar die Rahmenbedingungen vor, Versicherte und Leistungserbringer – Ärzte- und Zahnärzteschaft, Krankenhäuser und Psychotherapeuten – organisieren die medizinische Versorgung der Bevölkerung jedoch in eigener Verantwortung.
Auf Ablehnung stößt das Gesetz auch im Lager der AOK: „Auslöser für dieses Gesetz sind die Vorgänge in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Deshalb sollte das Gesetz mit all seinen neuen Eingriffsbefugnissen auch nur für die KBV gelten“, sagte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Die nun geplante Ausweitung auf die Selbstverwaltung der Kassen sei ein Paradebeispiel für Überregulierung. Die Regelungen auch auf den GKV-Spitzenverband zu übertragen, ignoriere zudem die grundlegenden Unterschiede beider Organe.
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